Linksparteien wollen in die NRW-Stadträte

In Nordrhein-Westfalen formieren sich vielerorts lokale Bündnisse für die Kommunalwahl am 26. September

DÜSSELDORF taz ■ In den NRW-Kommunalparlamenten dürften ab Herbst viele linke Protestparteien vertreten sein. Während auf Bundesebene noch über die Gründung einer neuen Linkspartei nachgedacht wird, haben in vielen NRW-Städten schon progressive Bündnisse die politische Arbeit aufgenommen. Bei den Bürgermeister-, Rats- und Kreistagswahlen am 26. September präsentieren sich vielerorts alternative Gruppierungen, die sich als Kontrastprogramm zur etablierten Politik empfinden. Nachdem sich Mitte vergangener Woche in Herne eine „Alternative Liste“ linker Gewerkschafter und enttäuschter Sozialdemokraten formierte, ziehen jetzt kleine Kommunalparteien in anderen Städten nach. Drei Beispiele:

Paderborn

An diesem Mittwoch wird in der CDU-dominierten Bischofsstadt in Ostwestfalen eine „Demokratische Initiative“ gegründet. Zwischen 50 bis 60 Aktive zählt das neue Bündnis, das in allen 29 Paderborner Wahlbezirken Direktkandidaten aufstellen will. „Die Kommunen in diesem Land werden nur noch verwaltet“, erläutert Mit-Initiator Hans-Dieter Luerweg die Philosophie des Bündnisses. Die schwarz geprägte Paderborner Kommunalpolitik habe schwere Fehler begangen. „Uns stört vor allem die Privatisierungspolitik“, sagt Luerweg. Der katholische Bildungsreferent beim Bistum Paderborn war früher einmal für die Christdemokraten im Kreistag. Heute ist Luerweg enttäuscht vom Kurs der CDU-Stadtregierung. „Arbeitslosigkeit und soziale Probleme werden in dieser Stadt verdrängt und kaschiert.“ Viele Menschen seien deshalb enttäuscht – reichliches Wählerpotenzial für die „Demokratische Initiative“, der auch desillusionierte Sozialdemokraten wie der Wissenschaftler Arno Klönne angehören. Klönne muss wegen seines Engagements nun mit einem SPD-Parteiausschluss rechnen – wie jeder „Abweichler“.

Goch

In der ländlichen 33.000-Einwohnerstadt am Niederrhein regiert seit 1999 die CDU mit absoluter Mehrheit. Um dieses Polit-Monopol zu brechen, manifestiert sich nächste Woche die so genannte „Zukunfts-Initiative Goch“ (ZIG). Ziel des Bündnisses: „die politische Verdummung in Goch beenden“. ZIG-Sprecher Hans-Jürgen Krohn ist wegen der Agenda 2010 aus der SPD ausgetreten: „Früher war ich mal bei den Grünen in Duisburg.“ Eigentlich wollte Krohn gemeinsam mit seiner Frau und seinen beiden Kindern zur Wahl antreten. Doch ein Teil der Familie ist zwischenzeitlich zu den Grünen übergelaufen: „Aber das ist mein familiäres Problem.“ Krohn will in den Stadtrat, um etwas gegen Politfilz und arrogante Stadtväter zu unternehmen. Wahlversprechen macht der Parteigründer vom Niederrhein auch schon: „Ganztagsschule für alle Schüler und Arbeitsplatzgarantie für alle unter 25!“

Mülheim

Parteipolitische Bewegung gibt es auch in der Aldi-Stadt an der Ruhr. Ein neues überparteiliches Personenwahlbündnis will in der wieder einmal SPD-dominierten Revierkommune in den Rat einziehen. „Wir nehmen die Kommunalpolitik selbst in die Hand, machen Sie mit!“ heißt es im Gründungsaufruf der Allianz der Unzufriedenen. Das Großprojekt Ruhrbania, Stadterneuerung, Politfilz – der Arzt und Gewerkschafter Gerhard Schweizerhof, bei der Landtagswahl 2000 schon einmal linker Protestkandidat, will mit 30 Mitstreitern für Veränderungen kämpfen. Doch die politische Marktlücke des Bündnisses ist klein. Seit Jahren gibt es in der Stadt schon eine Protestpartei.

Da es keine Fünf-Prozent-Hürde mehr auf kommunaler Ebene gibt, können alle drei Protestgruppen mit Wahlerfolgen rechnen: Für einen Sitz im Stadtrat reichen meist schon wenige tausend Stimmen. MARTIN TEIGELER