Praxisnahe Lektionen in Bilanz und Kostenrechnung

Im Kölner IT-Kompetenzzentrum für Frauen, Forum F, büffeln Frauen für den Europäischen Wirtschaftsführerschein (EBDL). Das international standardisierte Zertifikat hilft Berufseinsteigerinnen und findet Zuspruch bei Unternehmen

KÖLN taz ■ Forum F liegt versteckt in einem Hinterhof der Neusser Straße. Der unscheinbare Flachbau hinter der Toreinfahrt mit der Nummer 225 überrascht durch großzügige, professionell ausgestattete Räumlichkeiten. Im Herzstück des Kölner IT-Kompetenzzentrums, dem Selbstlernzentrum, hocken Frauen aller Altersstufen am Computer. Forum F bietet verschiedene Qualifizierungen an – so zum Beispiel den Europäischen Computerführerschein im Modulsystem. Seit November vergangenen Jahres steht auch der Europäische Wirtschaftsführerschein (European Business Driving License, kurz: EBDL) auf dem Programm.

Im Forum F lernen Frauen nach eigenem Zeitplan. Wenn es irgendwo „hakt“, steht eine Tutorin zur Seite. Zu den Abschlussprüfungen sind auch Männer zugelassen, als „Externe“ müssen sie allerdings zuhause lernen. In einem der Seminarräume wurde Ende letzter Woche gefeiert. Die ersten sechs KölnerInnen haben sich einer zweistündigen, schriftlichen Abschlussprüfung unterzogen und ihre EBDL-Prüfung bestanden.

„Ich verspreche mir davon bessere Berufschancen“, sagt Katrin Stolz, die Erwachsenenbildung studiert hat. Die anderen AbsolventInnen, allesamt JungakademikerInnen, sehen das ähnlich. Alle haben sie 25 bis 50 Stunden in die praxisnahen Lektionen am PC investiert. Kostenpunkt: 450 Euro alles inklusive, in Einzelfällen zahlt die Kölner Arbeitsagentur Zuschüsse. Der Stoff umfasst betriebswirtschaftliches Kernwissen in den Bereichen Bilanzierung, Analyse von Kennzahlen, Kostenrechnung und Gesellschaftsrecht.

Begriffe wie Cash flow, Deckungsbeitrag und Eigenkapitalquote gehen fortan locker von der Zunge. „Der EBDL entzaubert die heiligen Begriffe der Wirtschaft“, freut sich Marita Alami, Geschäftsführerin im Forum F. Die Qualifikation sei für Berufseinsteiger und Wiedereinsteigerinnen ebenso nützlich wie für Fachkräfte in Wirtschaft und Verwaltung sowie Selbstständige.

„Betriebswirtschaftliche Grundkenntnisse gehören im Zeitalter von Computertechnologie, Projektmanagement und der Forderung nach unternehmerischen Mitdenken der Angestellten zum Allgemeinwissen“, erklärt Gerhard Ortner, Professor an der Fernuniversität Hagen, die den EBDL wissenschaftlich begleitet. „Der Lernzielkatalog basiert auf einer Befragung von rund 2.000 Unternehmen.“

Das international standardisierte Zertifikat ist das Ergebnis einer Projektinitiative von Vertretern aus Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung des Jahres 2002. Gerhard Ortner, der Vorstandsvorsitzender des Kuratoriums Europäischer Wirtschaftsführerschein ist, freut sich über die positive Resonanz aus der Wirtschaft. „Die Unternehmen schätzen es, dass wir ein nachvollziehbares, qualitätsgesichertes Zertifikat anbieten.“

Eine Reihe von Großunternehmen, darunter Siemens, Telekom, Wella und Xerox, nutze das EBDL-Programm inzwischen für die betriebsinterne Weiterbildung. In Deutschland bieten mittlerweile rund 50 Bildungseinrichtungen unterschiedlicher Träger den Wirtschaftsführerschein an. In Österreich sind es noch mal so viele. Weitere Länder stehen auf dem Plan.Ute Krietenstein