Roters zweifelt an Kölner Haushaltssicherung

Der Kölner Regierungspräsident legt den Gemeinden im Bezirk Steuererhöhungen und Sparkurs nahe. Haushaltslöcher gefährdeten die „kommunale Demokratie“. Laut PDS droht Köln möglicherweise wegen Gewerbesteuerrückzahlung in dreistelliger Millionenhöhe ein neues Finanzdesaster

KÖLN taz ■ Köln droht wie Bonn ein Finanzfiasko, weil ein potentes Unternehmen die Rückzahlung hoher Gewerbesteuerbeträge geltend machen könnte. Die PDS Köln richtete zu dem Vorgang gestern eine Anfrage an den Stadtkämmerer Peter-Michael Soénius (CDU). „Aufgrund externer Tatsachenhinweise“ befürchtet die PDS, dass einer in Köln ansässigen Firma „Gewerbesteuern in dreistelliger Euro-Millionenhöhe demnächst rückerstattet werden müssen“. Vom Kämmerer war gestern noch keine Stellungnahme zu erhalten. Der für die Überwachung der Kommunalfinanzen zuständige Kölner Regierungspräsident Jürgen Roters (SPD) sagte, er habe bislang keine Kenntnis von dem Vorgang. „Ich drücke die Daumen, dass sich das nicht realisiert.“

In Bonn hatte die Oberbürgermeisterin Barbara Dieckmann (SPD) am vergangenen Donnerstag bekannt gegeben, dass der größte Gewerbesteuerzahler der Stadt, die Deutsche Telekom AG, 135 Millionen Euro Rückzahlungen erwarte. Dieckmann hatte daraufhin eine Haushaltssperre verhängt. „Nach Ostern“ hieß es gestern von Seiten des Regierungspräsidenten, werde die Situation in Bonn gemeinsam mit der Stadt evaluiert. „Wir werden die Auswirkungen in aller Ruhe prüfen“, sagte Roters.

Auch in Köln ist die Lage mit fast 500 Millionen Euro Defizit sehr prekär. Der OB und sein Kämmerer hatten dem Regierungspräsidenten (RP) am Freitag ihr Sanierungskonzept vorgelegt, mit dem sie bis 2007 einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen wollen. „Ob dies geschieht, ist fraglich“, gab sich Roters skeptisch. Schramma und Soénius hätten mögliche Belastungen durch die Sanierung der Städtischen Bühnen nicht in ihre Berechnungen einbezogen, so der RP. „Wir werden das Konzept sehr kritisch überprüfen.“

Roters zog gestern vor der Presse eine düstere Bilanz der öffentlichen Finanzen: „Die kommunale Demokratie ist gefährdet“, warnte er. und forderte: „Die Einnahmen müssen verbessert werden.“ Die Erhöhung von Grund- und Gewerbesteuer wäre „ein probates Mittel“, um der Finanzmisere zu begegnen. Steuererhöhungen seien angesichts der angespannten Wirtschaftslage allerdings „im Einzelfall zu prüfen“. Gleichzeitig warnte Roters davor, im Wahlkampf Steuersenkungen zu versprechen: „Das wäre populistisch.“ Außer etwaiger Einnahmeerhöhungen sollten die Städte „ihre Ausgabenseite einem konsequenten Spar-Regime unterziehen“.

Besonders schlecht steht es nach Roters Angaben um die kreisfreien Städte Aachen und Leverkusen, die sich im „Notfallhaushaltsrecht“ befinden, weil sie kein Haushaltssicherungskonzept einhalten können. Lichtblicke sind im Kreis Heinsberg zu verzeichnen. Dort sind die meisten der insgesamt acht Kommunen mit ausgeglichenem Haushalt zu finden. Von den 107 Kommunen im Regierungsbezirk befinden sich 53 in einem Haushaltssicherungskonzept, davon 32 ohne genehmigten Haushalt. 46 Kommunen gleichen ihre Bilanz durch die so genannte „Rückzuführung“ von kommunalem Eigentum aus – sprich durch Privatisierungen.

SEBASTIAN SEDLMAYR