Mit dem Fallschirm ganz allein zum Erfolg

Die Sozialistin Ségolène Royal holte im Wahlkreis von Premier Raffarin 55 Prozent. Ihren Wahlkampf führte sie ohne Unterstützung der Partei

PARIS taz ■ Ségolène Royal war einmal eine junge Sozialistin, die stehend vor der Tür von Staatspräsident François Mitterrand wartete, bis sie ihm persönlich sagen durfte, dass sie gerne Abgeordnete werden würde. Das war Anfang der 80er-Jahre. Seitdem war die Frau mit dem königlichen Namen Präsidentenberaterin, Umwelt- und Familienministerin in verschiedenen linken Regierungen und ist bis heute Parlamentsabgeordnete. In einem ihrer Wahlkämpfe setzte sie einen Fallschirmsprung als Argument ein.

Aus dem Schatten der Größen ihrer Parti Socialiste (PS) ist Royal dennoch erst in diesem Frühling getreten. Da wagte sich die 50-Jährige, die das Lächeln einer schüchternen Gymnasiastin hat, als Herausfordererin in die Hochburg eines der Schwergewichte der französischen Rechten: Royal kandidierte an der Spitze einer rot-rosa-grünen Liste in der Region Poitou-Charentes, an deren Spitze Jean-Pierre Raffarin 14 Jahre lang gestanden hat, bis er im Sommer 2002 Premier Frankreichs wurde. In ihrem Wahlkampf verlor Royal 4 Kilo Körpergewicht und verweigerte den nationalen PS-Größen jede Einladung zu ihren Meetings. Allein ihr Lebensgefährte François Hollande, in Personalunion Vater ihrer vier Kinder und Chef der sozialdemokratischen PS, durfte einmal an ihrer Seite Wahlkampf machen. Ansonsten putzte Royal allein Klinken. Zog durch Arbeitervorstädte, Parks und Cafés. Und sprach von sozialer Gerechtigkeit, die die Regierung Raffarin verletze.

Das ländlische Poitou-Charentes, das für die Qualität seiner Ziegenkäse bekannt ist, galt bis Sonntag als rechte Hochburg. Dann gewann Royal 55 Prozent der Stimmen. Seither wissen alle Franzosen, dass ihre GenossInnen sie neuerdings „Zapatera“ nennen – eine Feminisierung des Namens des künftigen spanischen Regierungschefs.

Mit diesem Erfolg ist Royal auf einen Schlag in die allererste Reihe der PS vorgerprescht. Ihr Name wird künftig auch bei der Besetzung von Posten in der Partei und in einer späteren Regierung eine Rolle spielen. Am Wahlabend wollte sie sich dazu nicht äußern. Stattdessen kündigte sie an: „Wir werden die nationale Unordnung und das Defizit an Humanität, an dem Frankreich leidet, in den Regionen ausgleichen.“ In der Presse war sie dennoch gestern bereits der neue Star. Der Figaro bildete sie zusammen mit ihrem Lebensgefährten Hollande ab. Die Fotozeile lautete: „Das königliche Paar“. DOROTHEA HAHN