was macht eigentlich... … die Arbeiterbewegung?
: Formfehler

Das waren noch Zeiten: „Mann der Arbeit, aufgewacht! / Und erkenne deine Macht! / Alle Räder stehen still, / Wenn dein starker Arm es will“, dichtete Georg Herwegh 1863 für sein „Bundeslied für den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein“, den von Ferdinand Lassalle gerade gegründeten Vorläuferclub der ollen SPD. Seither hat das aufgeweckte Proletariat seine Macht erkannt und trägt das Herwegh-Zitat wie eine Monstranz vor sich her. So auch gestern. „Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will“, stand auf dem Plakat eines zu Recht wütenden Arbeiters. Zusammen mit seinen 750 Kollegen der Waggonfabrik Bombardier in Halle-Ammendorf zog der Proletarier zum Hilton am Gendarmenmarkt. Denn dort wollte sich das Kapital – in Form des Bombardier-Aufsichtrates – ausgerechnet die alte Herwegh-Weisheit zu Eigen machen. Ab Herbst 2005 sollen in Ammendorf alle Räder still stehen, weil es das weltweite Sparprogramm des kanadischen Konzerns so will. Das war dem Proletariat längst bekannt. „Bombardier hat eiskalt beschlossen: Der Waggonbau in Ammendorf soll sterben“, rief IG-Metall-Bezirksleiter Hartmut Meine den Demonstranten zu. Er will die Schließung nun ganz revolutionär wegen Frist- und Formfehlern kippen und so wenigstens ein wenig Zeit gewinnen. „Seht die Drohen um euch her! / Habt ihr keinen Stachel mehr?“, fragte Herwegh bereits in seinem Lied. Und hätte auch den für die Arbeiterbewegung von heute besser passenden Spruch parat gehabt: „Alles ist dein Werk! O sprich, / Alles, aber nichts für dich!“ GA FOTO: AP