Finanzsenator schießt zwei Theater ab

Berliner Ensemble und Schaubühne sollen ab 2004 keine Subventionen mehr erhalten: Nun droht die Schließung. Sarrazin plant darüber hinaus die weitere Kürzung um 300 Millionen Euro für Forschung und Wissenschaft

Berlins Finanzsenator Sarrazin (SPD) hat am Wochenende wieder einmal seinen Giftschrank aufgemacht und tüchtig daraus eingeschenkt: Um das immer bedrohlicher werdende Haushaltsloch des Landes zu stopfen, will Sarrazin für den Doppelhaushalt 2004/2005 beim Kulturetat rund 100 Millionen Euro einsparen. In einer ersten Kalkulation erhofft sich der Finanzsenator, dass 10 Millionen Euro durch die geplante Opernreform abgefangen werden könnten. Weitere 23 Millionen sollen bei der Streichung aller Subventionen ab 2004 für die Theater Schaubühne und das Berliner Ensemble (BE) herausspringen. Und damit Kultur- und Wissenschaftssenator Thomas Flierl (PSD) ja weiß, wohin die Reise geht, schlug Sarrazin noch vor, bis 2006 rund 300 Millionen Euro der Forschung und Wissenschaft insgesamt zu kürzen. Mitte Juni soll der Entwurf für den Haushalt 2004/2005 im Senat verabschiedet und danach ins Parlament eingebracht werden.

Wer meint, Sarrazin liefe beim Thema Kultur erneut Amok, hat sich verrechnet. Ansatzpunkt für die Überlegungen ist, dass ab Ende 2003 die Zuwendungsverträge für die von Claus Peymann (BE) und Thomas Ostermeier (Schaubühne) geführten Häuser auslaufen. Die Streichung der für fünf Jahre ausgehandelten Subventionen wäre somit rechtens – führten aber wohl zum Aus der Bühnen. Zudem müsste das Land mit keinen Regressforderungen oder Arbeitsschutzklagen – wie etwa bei den Staats- oder Landesbühnen – durch die beiden als selbstständige Privattheater geführten Bühnen rechnen. Sarrazin hatte bereits in der Vergangenheit – entgegen den Verpflichtungen im Koalitionsvertrag – den Kulturetat quasi als „Steinbruch“ ins Visier genommen, Bühnenschließungen vorgeschlagen und die Theater zur völligen finanziellen Eigenverantwortung aufgefordert.

In der Kulturverwaltung nahm man die schon auf dem kürzlichen Theatertreffen als Gerücht aufgekommene Attacke Sarrazins zwar nicht auf die leichte Schulter, stapelte aber erst einmal tief. Torsten Wöhlert, Sprecher von Kultursentor Flierl, warnte vor „Panikmache“. Eine Schließung der beiden renommierten Bühnen sei politisch nicht durchsetzbar. Wöhlert: „Berliner Ensemble und Schaubühne gehören zu den Eckpfeilern der Berliner Theaterlandschaft.“ Er bestätigte, dass Ende 2003 die Verträge auslaufen würden. BE-Chef Peymann hatte im März mit seinem Weggang gedroht, sollten Gelder gestrichen oder Lottomittel von 2,7 Millionen Euro ausbleiben. ROLA