Schiene glänzt dank Laserstrahl

Herbstlaub, Nässe und Eis behindern den Eisenbahnverkehr. Forscher aus Aachen entwickeln ein neues Gleisreinigungssystem. Statt Sandstrahler oder Hochdruck kommt Lasertechnik zum Einsatz. Sie soll in fahrende Züge integriert werden

Laser spielen bei der industriellen Reinigung eine große Rolle. Sie müssten auch bei der Bahn hilfreich sein

VON HOLGER ELFES

Wie Science Fiction klingt ein Projekt des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik (ILT) in Aachen. Mit Laserstrahlen sollen Gleise vom Schmutz befreit werden. Das Verfahren ist zur Zeit noch in der Erprobungsphase. Seit diesem Winter rollen schon laserbestückte Reinigungszüge über englische Schienen.

Bunt leuchtendee Herbst – für den Eisenbahnverkehr kann es sehr gefährlich werden. Denn durch die glitschigen Blätter verringert sich die Bremswirkung der Räder, auch das Anfahren dauert länger. Wenn Stahl auf Stahl rollt, verschlechtert Feuchtigkeit den Kontakt zwischen den gleichen Materialien. Laser aus Aachen sollen deshalb für Abhilfe sorgen.

In den frühen Zeiten des Eisenbahnverkehrs gab es diese Probleme noch nicht. Als noch Dampflokomotiven fuhren, wurde der Abstand zwischen Gleisen und Waldbäumen weit gehalten, um ein Überspringen von Funken und Feuer auf trockenes Holz zu vermeiden. Auch waren die Dampfrösser viel schwerer, wodurch Traktionsprobleme nicht so schnell aufkamen. Mittlerweile sind die Triebeinheiten und Lokomotiven aber immer leichter geworden. Auch die Bäume sind näher an die Gleise herangerückt – als Lärmschutz oder zur Verbesserung des Umwelthaushaltes.

Die Traktion, die Kraftübertragung zwischen Rad und Schiene, ist aber eines der größten konstruktionsbedingten Probleme im Schienenverkehr. Sie lässt erheblich nach, wenn Feuchtes, Eisiges oder Fettiges auf den Schienen liegt. Güterzüge müssen zum Beispiel bei schlechter Witterung verkürzt werden, um überhaupt noch voran zu kommen. Personenzüge verlieren an Geschwindigkeit – Verspätungen sind vorprogrammiert.

Bisher behalfen sich die Bahnen mit wenig effektiven Mitteln, die zum Teil noch aus der Frühzeit der Eisenbahngeschichte stammen. Um Rutschpartien zum Beispiel auf Eis zu unterbinden, sind in Straßenbahnen vor den Rädern automatische Sandstreuer eingebaut. Auch in Zügen gibt es solche Systeme. Dafür müssen die Fahrzeuge riesige Mengen Sand mitführen, was Platz kostet, das Gewicht erhöht und ein dauerndes Nachfüllen erfordert. Noch schlimmer aber ist, dass der ausgebrachte Sand die Schienen auf Dauer durch Abrieb zerstört.

Ein anderer Weg: Wartungsfahrzeuge reinigen ab und an die Schienen mit Bürsten oder Spüllösungen. Damit lassen sich selbst ölige Beläge entfernen. Beiden Methoden gemeinsam ist, dass Wasser in nicht unerheblichen Mengen mitgeführt und nachgefüllt werden muss. Auf spezielle Reinigungszüge sind riesige Wassertanks montiert. Mit bis zu tausend Bar wird das mit Zusatzstoffen versetzte Wasser auf die Schienen gespritzt, deren Oberflächen so gereinigt werden.

Auch bei diesem im Vergleich zum „Sanden“ modernen System gibt es viele Nachteile. Allein die Größe und das Gewicht der Anlagen lassen den Einsatz im normalen Linienverkehr nicht zu. Die Zusatzstoffe im Wasser sind mitunter umweltschädlich. Außerdem ist die Schiene auch nach der teuren Spezialbehandlung noch nass, die Traktion für die nachfolgenden Züge also nicht optimal.

Kein Wunder also, dass die Bahngesellschaften und ihre Zulieferer auf der Suche sind nach geeigneten Nachfolgesystemen. Malcolm Higgins, Geschäftsführer der englischen Firma LaserThor kam beim Radiohören auf die zündende Idee: „Im Herbst 1999 hörte ich eine Reportage über die Probleme in unserem Land mit den Blättern auf den Schienen. Ich dachte, Laser spielen schon eine so große Rolle in der Industrie und bei den unterschiedlichen Reinigungsprozessen, sie müssten auch hilfreich bei der Lösung dieses Problems sein.“ Im Herbst 2000 gab es die ersten Freilandversuche mit einem noch wenig effizienten Lasersystem.

An diesem Punkt wurden die LaserThor-Entwickler in Deutschland fündig. Zwar hatten auch die Fraunhofer-Forscher keinen perfekten Laser in ihren Regalen liegen. Allerdings hatte das international renommierte Institut genügend Know How, um sich an die Entwicklung einer maßgeschneiderten Lösung zu machen. Diplom-Ingenieur Dieter Hoffmann, Entwickler beim Fraunhofer ILT, erläutert das verbesserte System: „Wir nehmen Halbleiterlaserchips, die durch massive Parallelschaltung sehr hohe Leistungen bringen – bis in den 2000 Watt Bereich – und führen damit einem Laserkristall Energie zu. Dieser Kristall ist in der Lage, die Energie für eine gewisse Zeit zu speichern und dann schlagartig freizusetzen. Mit den pulsartigen Laserstrahlen mit einer Leistung von bis zu 400 Kilowatt und einer Frequenz von 25.000 Hertz erzeugen wir eine sehr hohe Temperatur. Genug, um den Belag auf den Gleisen einfach zu verdampfen.

Der für einen Laser ungewöhnliche Einsatzort auf einem fahrenden Zug trotze den Aachener Ingenieuren noch mehr ab, sagt Projektleiter Rudolf Meier. Die Herausforderung sei es, einen Laser zu bauen, der nicht in einem Industriegebäude steht, sondern in ein Fahrzeug integriert wird. Für die optischen Komponenten des Lasers ist es eigentlich unabdingbar, dass sie stabil feststehen. Der empfindliche Laser wurde daher in ein robustes Edelstahlgehäuse eingepackt, auf Stoßdämpfern aus dem Automobilbau gelagert und dann auf das Versuchsfahrzeug montiert. Die neuesten Testfahrten erbrachten bereits Geschwindigkeiten von 64 km/h. Dies übertreffe bei weitem die Geschwindigkeit der in Großbritannien genutzten Wasserhochdruck-Reinigungsfahrzeuge, die es nur auf 55 km/h bringen.

Aber damit ist die Idee „Laserreinigung“ noch lange nicht ausgereizt: „In nicht allzu ferner Zukunft werden nicht nur die Servicefahrzeuge mit dem Laser ausgestattet, sondern auch ganz normale Lokomotiven und Triebfahrzeuge“, prophezeit Dieter Hoffmann.