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: Butterweiche Bläsersätze

Der Jazz-Trompeter und Flügelhornist Christian Winninghoff könnte versierten Musikfreunden schon in diversen Kontexten begegnet sein. Nicht alle sind so prestigeträchtig wie die moderne E-Musik, ein Bereich, in dem er mit dem Komponisten Markus Stockhausen zusammenarbeitete. Auch mit der „Jazzkantine“ und Heinz Rudolf Kunze musizierte Winninghoff schon. Daher wagt sich der Hörer zunächst etwas vorsichtig an die zweite CD (das Debut „La vie“ erschien bereits 1999) der Christian Winninghoff Group.

Doch der Kölner Musiker Winninghoff zeigt gleich, dass er nicht nur an leichter Kost interessiert ist und lässt im Opener „De la rosa“ düster-dissonante Töne anklingen. Im weiteren Verlauf der CD offenbart er sich dann vor allem als Komponist mit Sinn für weiche, elegante Melodielinien und dezent schwärmerische Bläsersätze. Alle neun Stücke sind von ihm, teilweise mit Ko-Autoren geschrieben. Wenn er sich dabei auch mal des Boleros bedient und diesen spielerisch umtänzelt, zeigt er sein Gespür für Mimikry.

Mitunter driftet die CD aber auch in unangenehme Klischees ab: Etwa wenn in der eigentlich gelungenen Jazz-Reggae-Fusion „Yellow Yak“ der Jazzkantine-Rapper Cappuccino, der mehr an Imitation denn an Inspiration oder Interpretation interessiert ist, ein Jamaika-Feeling nachstellen will. Oder wenn in „Dark Blue“, wo Parts mit gutem Free Jazz à la Eric Dolphy von mageren Bluesstandards abgelöst werden, die mehrmals in abgedroschenen Soli verenden.

Als guter Gesamteindruck von Winninghoffs „Color Music“ bleiben tolle Phrasen und Melodien und vor allem sein butterweiches Spiel erhalten. Hier orientiert er sich an großen Kollegen wie Miles Davis oder Art Farmer, die ja beide zumindest in einzelnen Schaffensphasen den wohltemperierten, elegischen Tonfall pflegten. Verstärkt wird dieser Eindruck noch durch das nett-dekorative CD-Cover im Stile des abstrakten Expressionismus, was sehr rückwärts gewandt daherkommt. Zusammengenommen mit der Referenz auf die Jazzmusik der 50er und 60er Jahre wirkt die „Color Music“ der Christian Winninghoff Group dann doch etwas gediegen und harmlos.

Christian Meyer

Christian Winninghoff: „Color Music“, Jazz‘n‘Arts Records