Mehr Kosten für weniger Müll

Kölner SPD fürchtet steigende Müllgebühren wegen sinkender Auslastung der MVA. Verwaltungsgericht entscheidet bald über Rückzahlung von überhöhten Gebühren

KÖLN taz ■ Die Kölner Müllgebühren könnten im kommenden Jahr um satte 20 Prozent steigen. Das fürchtet die SPD-Ratsfrau Ulrike Loida. Der Grund für die mögliche Gebührenerhöhung: Im Jahr 2003 sollen 13.000 Tonnen weniger Abfall aus Kölns Haushalten in der Müllverbrennungsanlage (MVA) in Niehl gelandet sein als im Vorjahr. Zudem gilt die geplante Einführung des Holsystems für Altpapier, wofür blaue Tonnen angeschafft werden müssen, als kostspielig.

Dass die Kölner für weniger Müll mehr bezahlen sollen, sei ökologisch gesehen überhaupt nicht mehr zu verstehen, kommentiert Rainer Zinkel von der Kölner Initiative für Müllvermeidung und gegen Müllverbrennung (KIMM). Jahrelang hatte die KIMM gegen den Bau der MVA gekämpft hat – vergeblich. Jetzt sieht sich Zinkel in seiner Kritik bestätigt: „Das beißt sich die Schlange in den Schwanz.“

Andere Schlüsse zieht die FDP. Sie fordert als „Maßnahmen“ gegen steigende Gebühren den „Verzicht auf die getrennte Sammlung von Papier und Grünem-Punkt-Müll“ sowie die vollständige Privatisierung der Abfallwirtschaftsbetriebe. Diese gehören bereits seit 2000 zu 49 Prozent der RWE Umwelt (ehemals Trienekens), die auch an der MVA-Betreiberfirma AVG Anteile hält.

„Je mehr privatisiert wird, desto mehr Einfluss und Kontrolle verlieren die Bürger“, hält Zinkel dagegen. Die Diskussion um die Mülltrennung hält er für ein „Ablenkungsmanöver“. Trotz Trennung und Holsystem seien die Gebühren in anderen Städten deutlich niedriger. „Der Kostenfaktor ist die MVA.“

Im Jahr 2002 wurden in der MVA rund 650.000 Tonnen Müll verbrannt, davon 386.000 Tonnen aus Köln. Die Anlage war ursprünglich für 421.000 Tonnen genehmigt worden.

Beim Kölner Verwaltungsgericht sind wegen des Müllskandals unterdessen gleich mehrere Klagen gegen die Abfallgebühren der vergangenen Jahre anhängig. Die Richter werden demnächst entscheiden müssen, ob es Rückzahlungen wegen überhöhter Gebühren für 2001 bis 2003 geben kann. Für die Jahre 1998 und 1999 war das in früheren Verfahren abgelehnt worden. „In den neuen Verfahren ist aber noch alles völlig offen“, sagte Gerichtspräsident Joachim Arntz. Unter anderem müsse neu geprüft werden, ob Schmiergeldzahlungen bei der Errichtung der Müllverbrennungsanlage die Kalkulation der Gebühren beeinflusst hätten. Außerdem komme es darauf an, wann der Stadtrat konkret von den dubiosen Vorgängen und Bestechungen erfahren und wie er darauf reagiert habe. FRANK ÜBERALL,
SEBASTIAN SEDLMAYR