Stielikes Jungs rumpeln nicht

Die deutsche U 21-Nationalmannschaft spielt gegen das A-Team Georgien 2:2 und zeigt dabei geradezu brasilianische Ansätze. Selbst dem Trainer misslingt somit sein liebstes Hobby: ein Haar in jeder Suppe zu finden

MANNHEIM taz ■ „Der Kauz aus Ketsch“, schrieb ein Journalist einmal über den Fußballtrainer Uli Stielike, der so oft eine sehr eigene Sicht der Dinge pflegt. Selbst nach guten Leistungen hält der Ausbilder des Deutschen Fußball Bundes selten mit beißender Kritik hinterm Berg. Wäre Uli Stielike Restaurantkritiker, eilte ihm der Ruf voraus, er fände auch in der noch so sorgsam zubereiteten und köstlich schmeckenden Suppe ein Haar. Auch am Dienstagabend saß der 49-jährige auf dem Podium des Mannheimer Carl-Benz-Stadions vor der Presse mit einer Miene, als habe er gerade eine versalzene Erbsensuppe mit der Perücke des kahlköpfigen Koches darin verspeist. Und denoch, auch wenn man es ihm nicht ansehen konnte: Uli Stielike war bester Dinge. Selten vernommene Wortkaskaden des Lobes strömten aus seinem Mund über die Leistung der deutschen U 21-Auswahl, die soeben 2:2 gegen die A-Nationalmannschaft Georgiens gespielt hatte. „Ich bin hochzufrieden“, stellte Stielike überraschend fest. „Jeder meiner Spieler hat eine außerordentliche Leistung gezeigt“, konstatierte er. Noch mehr: „Es hat heute richtig Spaß gemacht, dieser Mannschaft vorstehen zu dürfen.“

Knapp zwei Monate vor Beginn der U 21-EM, die von 27. Mai bis 8. Juni im eigenen Land stattfindet, zeigten sich Deutschlands Fußballtalente von ihrer besten Seite. Jahrelang bemängelte Stielike die spielerischen und balltechnischen Defizite, am Dienstag nun nahm er erfreut zur Kenntnis, dass gerade im flüssigen Kombinationsspiel und der Ballsicherheit die Stärken seiner Mannschaft lagen. Thomas Broich (Gladbach), Bastian Schweinsteiger (Bayern), Kapitän Christian Tiffert (Stuttgart) und der eingewechselte Thomas Hitzelsperger (Aston Villa) verströmten im Mittelfeld brasilianischen Ideenreichtum. Auch nach taktischen Umstellungen – von drei Verteidigern auf vier und von einem Stürmer auf zwei – sah nicht nur Stielike keinerlei Bruch im guten deutschen Spiel. „Jeder stellte seine persönlichen Fähigkeiten über das System“, freute sich denn auch der Trainer, der im Fördern der individuellen Stärken seiner Schüler die Hauptaufgabe seiner Arbeit sieht. Nicht einmal das unbefriedigende Ergebnis fuchste ihn. Die zwei Tore des Schalker Hanke (11.) und des Bayern Feulner (67.) waren gemessen an den vielen Chancen zwar zu wenig. Aber Stielike wollte an diesem Abend nur das Positive sehen: Keiner der 16 eingesetzten Spieler habe sich aus dem Kader gespielt, bemerkte er zufrieden.

Freilich: Bei der Berufung seiner 22 EM-Akteure ist Stielike auch von Teamchef Rudi Völler abhängig, und schon jetzt klar ist, dass die rasant durchgestarteten Stuttgarter Kuranyi, Hinkel und Lahm, statt in Mannheim und Mainz gegen die Schweiz (28. 5.), Schweden (30. 5.) und Portugal (2. 6.) um die Olympiateilnahme zu kämpfen, bei der ein paar Tage später beginnenden EM das Vorrundenaus der Völler-Truppe zu verhindern suchen. Auch die am Dienstag verletzt fehlenden Benjamin Lauth (1860 München) und Hanno Balitsch (Leverkusen) sind Kandidaten für den A-Kader. Doch Stielike will nicht über eine mögliche Schwächung klagen. Spieler nach oben zu bringen sei schließlich seine Hauptaufgabe.

Für den Aufschwung im Nachwuchsbereich macht der Trainer häufige Spielpraxis der Talente verantwortlich. Und er plädiert wie Völler für eine Ausländerbegrenzung im Profifußball zum Schutz der Talente. „Vier bis fünf pro Team“, nicht mehr, stellt er sich vor. Wie auch immer: Gegen das erstmals von der französischen Mittelfeldikone Alain Giresse trainierte Team Georgiens bewies der deutsche Nachwuchs, dass die Hoffnungen, die im Hinblick auf die WM 2006 in ihn gesetzt werden, nicht unberechtigt sind. TOBIAS SCHÄCHTER