NRW-Regierung will Castor-„Unsinn“ stoppen

Düsseldorf empört, weil das Bundesamt für Strahlenschutz umstrittene Atomtransporte nach Ahaus genehmigt

BOCHUM taz ■ Die nordrhein-westfälische Landesregierung will den Castor-Transport von Sachsen ins münsterländische Ahaus aufhalten. Vertreter der rot-grünen Koalition in Düsseldorf kritisierten gestern die Entscheidung des Bundesamtes für Strahlenschutz, den umstrittenen Atommülltransport zu erlauben.

„Das ist ein Schlag in die Magengrube“, sagte die grüne NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn zur taz. Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) sprach von einer „gänzlich unverständlichen Entscheidung, die einen wahnsinnigen Aufwand nach sich zieht, der nicht zu verantworten ist“. Die Transportkosten in Höhe von 50 Millionen Euro seien den Bürgerinnen und Bürgern nicht zu vermitteln.

Am Dienstagabend hatte das Bundesamt für Strahlenschutz die Genehmigung für den Abtransport der 18 Castor-Behälter mit Müll aus dem 1991 stillgelegten Forschungsreaktor Rossendorf ins Ahauser Brennelemente-Zwischenlager erteilt. Sie ist bis zum 31. Dezember dieses Jahres befristet. Die genauen Termine müssen mindestens acht Wochen vor dem Beginn des ersten Transportes mit den Innenministerien der von den Castor-Lieferungen betroffenen Länder abgestimmt werden. Das Bundesumweltministerium verteidigte gestern den Entscheid der untergeordneten Behörde.

Die rechtlichen Einspruchsmöglichkeiten gegen die Genehmigung bewertet NRW-Umweltministerin Höhn zwar „eher skeptisch.“ Man müsse jetzt aber „kreativ sein, um diesen Unsinn zu stoppen“, so die Ministerin. Und sagte: „Ich habe da schon eine Idee.“ Ihren grünen Parteifreund, Bundesumweltminister Jürgen Trittin, wollte sie nicht kritisieren. Schließlich habe „eine unabhängige“ Behörde die Entscheidung getroffen. Trittin hatte das Genehmigungsverfahren vergangene Woche sogar kurzzeitig gestoppt. Umso größer ist in NRW jetzt allerdings die Enttäuschung.

Der grüne NRW-Landesvorsitzende Frithjof Schmidt will den „politischen Druck auf die Entscheidungsträger im Bund und in Sachsen“ erhöhen. Die sächsische Landesregierung müsse auf den unsinnigen Transport verzichten.

Die Anti-Atom-Initiativen reagierten ebenfalls empört auf die erteilte Genehmigung für den Transport und die Einlagerung von 951 hochradioaktiven Brennelementen in Ahaus. Besonders die angebliche Sicherheit gegen gezielte Flugzeugabstürze im Ahauser Zwischenlager wird von den Atomgegnern angezweifelt: „Die Prüfung des Bundesamtes beruht auf rein theoretischen Berechnungen, die nichts mit der Realität zu tun haben.“ Auch ein Super-GAU habe bis Tschernobyl als undenkbar gegolten. Für heute riefen die Castor-Gegner zu einer Spontandemo in Ahaus auf.

MARTIN TEIGELER