trinität der treibstoffleitung von JÜRGEN ROTH
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Das erste Mal geschah es in der Nacht, zwanzig Kilometer vor Stuttgart. Beim Gasgeben passierte nicht mehr viel. Der Motor stotterte, der Wagen fühlte sich wie eine Wanne Blei an. Links und rechts der Bundesstraße war nichts. Die Gegend ist doch völlig zersiedelt, dachte ich. Weit entfernt blinkten Lichter. Ich begann zu beten. Ich hatte kein Handy. Ich betete im Geiste. Damit es nicht so auffiel und ich die Hände am Steuer lassen konnte.

Ich kam gerade so nach Stuttgart. Jetzt liebte ich diese Stadt. An einer Einfallstraße erreichte ich eine Vierundzwanzigstundentankstelle. Der Wagen wäre keinen Meter mehr gefahren. Ich sagte dem Tankwart, ich bräuchte den ADAC. Er sagte nichts. Ich sagte es ihm noch einmal, demütig. Er griff zum Telefonhörer, sagte etwas und legte auf. Ich ging hinaus und wartete.

Nach einer Stunde rollte ein gelber Schlepper vor. Ein Mann sprang heraus. Ich schilderte das Problem. Er wirkte so, als verstehe er nichts von Motoren. Ich fragte mich, warum er mit einem Schlepper gekommen war. Er bockte den Wagen auf. Ich verbrachte die Nacht und den halben nächsten Tag in Stuttgart. Das kostete. Die Treibstoffleitung war gebrochen gewesen.

Das zweite Mal passierte es auf einer Autobahnsteigung im Spessart, drei Monate später. Der Wagen fuhr sich plötzlich wie ein Lkw. Oh, sagte ich zu meinem Bruder und seiner Freundin. Na dann, sagte mein Bruder. Die beiden hatten auch kein Handy.

Wir erreichten gerade so den Rasthof Rohrbrunn. Ich rief den ADAC an. Ein Schlepper kam, ein Mann sprang aus dem Führerhaus. Da hätten wir Glück gehabt, sagte er, es sei ja bald zwölf, am Samstag. Er hob den Wagen auf den Schlepper. Wir fuhren zur Werkstatt im nächsten Dorf. Die Treibstoffleitung, sagte der Chef. Da kann man nichts machen. Aber die ist ja fast neu, sagte ich. Das besage nichts, sagte der Chef.

Wir fuhren mit dem Schlepper nach Aschaffenburg, in die Richtung, aus der wir gekommen waren. Zum Werkshändler. Die Mechaniker waren gegangen. Ich durfte mit dem ADAC in München telefonieren. Dann schloss der Chef den Betrieb. Wir warteten vor dem Gebäude. Nach einer Stunde kam der ADAC-Leihwagen.

Das dritte und letzte Mal passierte es vier Monate später, auf demselben Autobahnabschnitt. Diesmal aber bergab. Trotzdem kam der Wagen kaum noch von der Stelle. Was das sei, fragten Herr B. und Herr S. von hinten. Die Treibstoffleitung, sagte ich. Keiner von uns hatte ein Handy.

Wir erreichten eine Parkbucht. Ich brüllte Notrufe in die Notrufsäule. Nach einer halben Stunde kam ein gelber Engel. Er blickte auf den Motor und sagte: die Treibstoffleitung. Ich dachte: Zeit und Geld und so weiter. Er habe das Teil nicht dabei, sagte er und nahm ein Stück Stahlrohr aus dem Werkzeugkasten. Dann schraubte er es an und bog und hämmerte es zurecht. Das hält, sagte er. Er wollte zwei Mark, den Schrottwert für das Rohr. Er hole solche Teile wegen der Kunden vom Schrott, sagte er.

Das war vor zwei Jahren. Auf dem Overall las ich den Namen des Mannes: Roth.