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: Juhnke, Joop und Madonna: Weiter geht’s mit Trash und Trallala

Von Kühen und Wölfen

Als Stefan Effenbergs Machwerk „Ich hab’s allen gezeigt“ veröffentlicht wurde, schieden sich im Feuilleton und anderswo bekanntlich die Geister. Locker bleiben, sagten die einen, bekämpfen! forderten andere, Dritte, zur Resignation neigende Menschen, fühlten sich in ihrem Kulturpessimismus voll bestätigt, von wegen das Ende der Moral, der Buchkultur etc.

Auf die Kulturpessimisten und die Krieger kommen jetzt noch härtere Zeiten zu. Nach den geradezu monströsen Verkaufszahlen von Bohlen und Effenberg haben alle Verlage Blut geleckt. Nun glauben auch jene, die sich als seriös verstehen, nicht mehr ohne Enthüllungs-, Promi- und Semipromibücher auskommen (und überleben und vielleicht andere Bücher finanzieren) zu können.

Einen Vorgeschmack darauf gibt das Herbstprogramm. Das erscheint zwar erst, wie der Name sagt, schwerpunktmäßig im Herbst, weist aber ein paar Bücher auf, von denen jetzt, Monate vor ihrer Veröffentlichung im September, schon die halbe Welt spricht: Susanne Juhnkes Biografie über ihren demenzkranken Mann Harald bei Droemer und Knaur; ein Buch von Wolfgang Joop bei Eichborn, das dort unter der Rubrik „Literatur“ läuft und „Im Wolfspelz“ heißt; und Madonnas Kinderbuch „Die englischen Rosen“ bei Hanser.

Trash und Trallala die nächste also. Nun kann man gegen ein Kinderbuch von Madonna höchstens einwenden, dass es wie selbstverständlich alle anderen Bücher in den Schatten stellen wird (Madonna! Madonna!). Aber auch sonst gibt es, selbst für Schwarzmaler, zumindest ein wenig Hoffnung. So erklärte Susanne Juhnke, nachdem sie vom gewohnt besorgten Boulevard Prügel hatte einstecken müssen, dieses Buch sei für sie wie eine Therapie: „Ich muss das eben aufschreiben, sonst ersticke ich daran.“ Wer also will ihr diese Biografie noch übel nehmen? Zumal die Selbsttherapie eine der ältesten Beweggründe für das Verfassen von Büchern darstellt. Susanne Juhnke ist nicht Hölderlin, aber wenn sie genauso oft „ich“ wie „Harald“ sagt, kann man sie vielleicht in eine Reihe mit der Siebzigerjahrebekennerin Karin Struck stellen.

Höhere Ansprüche als Juhnke und Co hat der Modeschöpfer Wolfgang Joop. Der hat sein Leben in einen Roman gepackt: „Der Leser wird mir erlauben“, zitiert ihn der Verlag, „von mir in der dritten Person zu berichten. So werde ich weniger versucht sein zu lügen.“ Trau, schlau, wem: Joop weiß um die Tücken von Autobiografien, und er sorgt sich um die Nachwelt. Schlimmer als Romane von Hellmuth Karasek („Betrug“) und Fritz J. Raddatz („Kuhauge“) dürfte „Im Wolfspelz“ kaum werden.

GERRIT BARTELS