Freistaaten gegen Juniorprofs

Bei der Verhandlung über die Verfassungsklage von Thüringen, Bayern und Sachsen gegen die Hochschulreform sieht es aus, als könnten die Länder Erfolg haben

KARLSRUHE taz ■ Der Juniorprof ist in Gefahr. Die Länder Bayern, Thüringen und Sachsen haben in Karlsruhe geklagt, weil sie die im Jahr 2002 beschlossene rot-grüne Hochschulreform für verfassungswidrig halten. Der Bund habe dabei zu stark in Länderrechte eingegriffen. Die Chancen der drei unionsregierten Länder stehen gut, wie die gestrige Verhandlung ergab.

Wissenschaftsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) begründete gestern noch einmal die Reform. Zu viele deutsche Nachwuchswissenschaftler gingen ins Ausland. Hierzulande erst nach jahrelanger Abhängigkeit von anderen Professoren und einer langwierigen Habilitation mit Anfang 40 als Professor berufen zu werden, sei keine attraktive Perspektive. Mit dem rot-grünen Gesetz sollen junge Wissenschaftler nun mit Anfang 30 zu Juniorprofessoren berufen werden, wobei sie sofort selbstständig lehren und forschen können. Inzwischen gibt es neben rund 37.000 ordentlichen Professoren bereits circa 800 Juniorprofessoren.

Bayern, Thüringen und Sachsen sehen jedoch die Rechte der Länder bedroht. „Eine Bundesregelung ist hier nicht erforderlich“, sagte Thüringens Justizminister Karl-Heinz Gasser (CDU). Er bezog sich auf eine Grundgesetzänderung von 1994, wonach der Bund Gesetze nur noch erlassen darf, „wenn und insoweit“ es zur Herstellung einheitlicher Lebensverhältnisse oder zur Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit erforderlich ist.

Wenig überzeugend berief sich Bulmahn gestern auf die „Wirtschaftseinheit“ Deutschlands. Doch das dürfte in Karlsruhe wohl kaum verfangen. Schließlich hatte das Verfassungsgericht zuletzt mehrfach die gestärkten Rechte der Länder betont. Auch Vizepräsident Winfried Hassemer schien gestern von einem Erfolg der Länder auszugehen – was ihn offenbar eher unglücklich machte. Etwas resignativ fragte er, ob das länderfreundliche Grundgesetz angesichts des globalen Wettbewerbs nicht „viel zu kleinteilig und hoffnungslos antiquiert“ sei. Sollten die Freistaaten in Karlsruhe Erfolg haben, würden wohl nur wenige Länder die jetzige Bundesregelung übernehmen. Doch auch unionsregierte Länder wie Sachsen wollen die Juniorprofessur nicht völlig abschaffen, sie soll nur nicht mehr der „Regelfall“ für eine Hochschulkarriere sein. Das Urteil wird in einigen Monaten erwartet.

CHRISTIAN RATH

meinung und diskussion SEITE 11