Kein wacher Geist

Prozessauftakt für den Unverbesserlichen: Horst Mahler steht in Hamburg erneut für wohlwollende Äußerungen zu den Erignissen des 11. September vor Gericht

Hamburg dpa ■ Er sei ein „Reichsdeutscher, des Deutschen Reichs“. Gleich zu Beginn seines Berufungsverfahrens sprach Horst Mahler mit diesem Staatsbürgerschaftsbekenntnis dem Hamburger Landgericht, vor dem er stand, die Zuständigkeit ab. Denn wenn der frühere RAF-Mitbegründer und heute prominente Rechtsextremist die Existenz der Bundrepublik verneint, lehnt er auch deren Rechtsprechung gleich mit ab. Ganz gelassen trat gestern denn auch der beinahe 70-Jährige, begleitet von drei Getreuen der „Deutschen Reichsbewegung“, vor der Kleinen Strafkammer auf.

Vor Gericht verantworten muss sich Mahler erneut wegen seiner Aussagen zu den Terroranschlägen am 11. September 2001, die er gegenüber dem Fernsehmagazins Panorama gemacht hatte. Bereits 2003 hatte ihn das Amtsgericht Hamburg von dem Vorwurf der „Billigung einer Straftat“ freigesprochen. Das Gericht sah es damals nicht als erwiesen an, dass durch Mahlers Aussagen – „endlich sind sie mal ins Herz getroffen“, „dass eine Aktion, die so grausam sie ist, rechtens war“ – den öffentlichen Frieden gefährdet würde. Gegen das damalige Urteil legte die Staatsanwaltschaft Berufung ein.

Bei der gestrigen Eröffnung des Verfahrens bezweifelte Mahler getreu den Mustern seiner antisemitischen Verschwörungsphantasmen die Realität der allgemein anerkannten Anschlagsabläufe in den Vereinigten Staaten: Die Attentate – die Mahler früher als „rechtens“ bezeichnet hatte – seien eine Provokation aus den US-eigenen Apparaten gewesen, um eine Rechtfertigung dafür zu haben, weltweit Krieg führen zu können: Denn „das Pentagon traf eine Rakete“ und das World Trade Center wurde „kunstvoll gesprengt“. Vor allem die „jüdische Macht“, die Mahler in den Medien erkannt haben will, habe die Öffentlichkeit getäuscht.

Nach dem sechsten Beweisantrag Mahlers mit dem Ziel, seine so altbekannte wie krude Verschwörungstheorie zu bestätigen, schritt der Vorsitzende Richter ein: „Langweilen sie einen wachen Geist bitte nicht mit Wiederholungen.“ Doch genau dies dürfte in den noch anberaumten fünf weiteren Verhandlungstagen zu erwarten sein.

Andreas Speit