Jukebox

Und immer nur hört man: Musik

Es kann doch nicht allein die gute Luft sein. Gerade erst drehen die Fahrradfahrer vom Handschuh befreit ihre Runden durch die Stadt, und schon sitzen die Menschen wieder draußen. Mitten in der Nacht, die noch nicht wirklich eine laue ist. Ja, der Frühling lässt sein blaues Band … aber es könnte doch auch sein, dass die Menschen das machen, weil es ihnen drinnen einfach zu laut ist.

Das liegt an der Musik. Irgendwo muss niedergeschrieben sein, dass es keine vernünftige Kneipe ohne musikalische Zwangsbeglückung geben darf, und weil eine wirkliche Jukebox (das waren die tollen Apparate, bei denen man für ein bisschen Kleingeld die neuesten Single-Hits wählen konnte) kaum mehr zu finden ist, sorgt in der einfachen Variante das Tresenpersonal dafür, dessen Geschmack und Gnade man dann hilflos ausgeliefert ist. Fühlt es sich einsam oder langweilt sich gar, dreht es die Anlage einfach noch ein Stückchen auf.

In der ambitionierteren Ausgabe der Trinkstätten (und damit der lokale Regelfall) gibt man jungen Menschen (also Männern) die Möglichkeit, endlich mal ihre Plattensammlung in der Öffentlichkeit durchzuhören. Das ist hübsch gedacht. In Wahrheit aber täte es auch ein schlichter Kuschelrocksampler, der in den CD-Spieler gesteckt wird, um für das gleichmäßige Grundrauschen zu sorgen. Hört doch keiner wirklich zu. Nur wenn es mal mit den Übergängen nicht richtig klappt, stockt der ganze Saal. Ein seltener Moment der Stille.

Fast so wie draußen vor der Tür. Fährt nur dann und wann ein bunter BVG-Bus vorbei. Das ist wirklich Easy Listening. Befreiend. Man kann ja einen zweiten Pullover mit in die Kneipe nehmen. THOMAS MAUCH