Warum Seife schwimmen kann

An der Alice-Salomon-Fachhochschule startet ein Studium für ErzieherInnen – als bundesweit erstes. In sieben Semestern sollen die AbsolventInnen lernen, Kinder schon früh optimal zu fördern. Auf dem Lehrplan stehen auch Fächer wie BWL und Chemie

von LAURA FARIELLO

Es ist bundesweit einmalig, was die Berliner Alice-Salomon-Fachhochschule (ASFH) vorhat – und genau das, was vielen Bildungspolitikern als Zukunftsmodell vorschwebt. Gestern begannen die ersten potenziellen Kita-Erzieherinnen an der Fachhochschule ihre Ausbildung – als Studentinnen. Der neu eingerichtete Studiengang „Erziehung und Bildung im Kindesalter“ ersetzt eine ErzieherInnenausbildung.

Lob von Senatsverwaltung

„Unser Studium ist ein wichtiger Schritt zu einer Verbesserung der frühkindlichen Bildung“, sagt Hilde von Ballusek, die den Studiengang entwickelt hat und leitet. Auch in der Senatsverwaltung für Bildung und Jugend gibt man sich hoch erfreut: „Wir begrüßen den Studiengang“, sagt Sprecherin Rita Herrmanns. „Die Absolventen werden für Leitungsfunktionen ausgebildet und haben bessere Aufstiegschancen als mit der gängigen Erzieherinnenausbildung.“

Für das Land stellt das Angebot jedoch nur ein zusätzliches dar: Eine Verlagerung der Erzieherinnenausbildung auf Hochschulen ist nicht geplant. Man versuche den schlechten Pisa-Ergebnissen mit einer Verdoppelung des Fortbildungsangebot für Erzieherinnen zu begegnen, so Herrmanns.

Das Fachhochschulstudium schließt nach sieben Semestern mit dem Grad eines Bachelor of Arts (B.A) ab. Integriert sind zwei dreimonatige Praktika und mehrere Hospitationen. Der Lehrplan zielt nicht nur auf Kinder der jüngeren Altersgruppen, er meidet die Trennung zwischen Kleinkind- und Grundschulpädagogik. Dies ermöglicht AbsolventInnen mit Kindern bis zu 12 Jahren zu arbeiten. Das Studium beschäftigt sich mit Spielpädagogik, Entwicklungspsychologie oder Sprachentwicklung, aber auch mit Themen, die man nicht in einem ErzieherInnenstudium erwartet: etwa BWL und Naturwissenschaften.

Was Letztere dort suchen? „Sehr viel“, antwortet Angelika Grützfeld Köhler, die Chemieseminare geben wird und das sonst als Dozentin an der Freien Universität tut. „Kleinkinder wollen die Welt entdecken. Viele ihrer Fragen sind naturwissenschaftlich: Warum schwimmt die Seife. Oder: Weshalb fließen Flüsse nach oben.“

Den Lehrplan für den Studiengang aufzustellen, dauerte lange. Obwohl Deutschland neben Österreich das einzige Land der EU ist, das Erzieherinnen nicht an Hochschulen ausbildet, lehnte die Bund-Länder-Komission für Bildungsplanung mehrere Anträge auf einen Modellstudiengang ab. Die Alice-Salomon-Schule fand schließlich Unterstützung bei der Strukturfonds-Kommission des Landes Berlin.

„Ich habe für die Einführung dieses Studiengangs sehr kämpfen müssen“, berichtet Leiterin von Ballusek. Mittlerweile hat sie unter anderem Kooperationen mit der FU Berlin, der Humboldt Universität sowie der Universität Potsdam verabredet.

Besonders schwierig gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den Fachschulen für Erziehung, die auch ErzieherInnen ausbilden. „Durch die Erhöhung der Zulassungsvoraussetzung für die Erzieherinnenausbildung auf Abitur und die Einführung dieses neuen Studiengangs befinden wir uns in einer merkwürdigen Konkurrenzsituation“, sagt von Ballusek. „Ich hatte einer Fachschullehrerin angeboten, ein Fach an der Alice-Salomon-Fachhochschule zu übernehmen. Leider musste diese ablehnen, da ihre Fachschuldirektorin es ihr verbot.“