silke burmester
: Satire, unter dem Bett versteckt

Das Satiremagazin „Pardon“ kehrt zurück – leider ohne die Nackten, die wir früher darin so bewundert haben

Je mieser die Zeiten für die Gesellschaft, desto besser die Zeiten für die Satire. Angesichts der hochprozentigen Unfähigkeit der derzeitigen Regierung und auch all jener Gestalten, die gerne anstelle der Regierenden die Regierung bilden würden, sprießen immer mehr satirische Pflanzen – satirische Stilmittel sind vielleicht die einzige Sprache, die da noch bleibt. Doch wenn Pardon am 16. April wieder an die Kioske kommt, mit Harald Schmidt, Doris Dörrie und Götz Alsmann als Autoren, herausgegeben von einem 37-Jährigen, dann ist das zunächst mal ein Revival wie die Wiedereinführung des „Braunen Bärs“ durch Langnese oder eine Neuauflage der Bonanza-Räder.

Bei der Einstellung des Originals 1982 war Bernd Zeller 16 Jahre alt und kannte keines der damaligen Hefte. Hatten etwa zur Lebensmitte des 1962 von Hans A. Nickel gegründeten Heftes, in den 70er-Jahren also, Kinder Pardon in die Hand genommen, dann nicht wegen der Satire. Das weiß ich aus sicherer Quelle, denn auch im Hause meiner Freundin wurde Pardon gelesen. Vom Vater. Die Hefte entdeckten wir unter seinem Bett. Wann immer wir in dem schicken Bungalow allein gelassen wurden, führte unser Weg in das elterliche Schlafzimmer. Zwischen Flusen und Wollmäusen lag ein fettes Pardon-Paket, und darin gab es vor allem eins: nackte Frauen. Für Kinder, die kaum lesen können, dennoch aber gewillt sind, die Welt der Erwachsenen zu erobern und die Faszination des Körperlichen zu entdecken, ein Quell neuer Eindrücke.

Aus einer Mischung falsch verstandener sexueller Befreiungsideologie, Chauvinismus und Sex-sells-Aspekten hatte der Herausgeber Nickel über die 20 Jahre seiner Existenz das Blatt von der intelligenten, anspruchsvollen Satirezeitschrift zum Herrenwitz degradiert. Konsequenter haben sich nur die St.Pauli Nachrichten vom Politmagazin zum Muschiblatt gewandelt.

Bernd Zeller ist über den Kopf zu Pardon gekommen. Die Liebe zu den Vertretern der Frankfurter Schule hat ihn über Titanic zu dem Heft mit dem Teufel kommen lassen. Noch denkt er nicht daran, seiner Neuauflage von Pardon Nacktes beizugeben. „Jetzt gibt es nackte Frauen genug“, sagt er. „Das ist nichts, womit man aufrütteln kann.“

Allerdings: „Wenn der Druck der Leser so übermächtig wird“, könne er sich schon vorstellen, dem nachzugeben. Immerhin „war die Darstellung vorrangig vom Witz geprägt. Das kommt mir nicht sexistisch vor“. Nackte Frauen als Witz. Aha. Bleibt zu hoffen, dass der Druck beim Leser nicht arg zu groß wird.