G 8 reisen zum Gipfel der Harmonie

Bei der Konferenz der acht mächtigsten Wirtschaftsnationen ab kommenden Sonntag in Evian will die Bundesregierung positive Botschaften senden: keine Wirtschaftskrise, keine Angst vor Deflation, sondern Möglichkeiten für den Aufschwung

aus Berlin KATHARINA KOUFEN

Fast könnte man meinen, die Regierungschefs der acht mächtigsten Länder führen zum Badeurlaub an den Genfer See. Alfred Tacke jedenfalls, der G-8-Berater des Bundeskanzlers in wirtschaftlichen Fragen, strahlte gestern ununterbrochen, sah überall „gute Perspektiven“ und schätzte „die Lage positiv“ ein – egal in welchem Zusammenhang. Das G-8-Treffen, das am Sonntag im französischen Seebad Evian beginnt, soll harmonisch verlaufen – das wünscht sich die Bundesregierung.

Eines der zentralen Themen ist die weltweite Wirtschaftslage. Hier sehen alle G-8-Staaten einen Aufwärtstrend, in Berlin sprach man gestern von „stabilem Wachstum“. Der aufwertende Euro sei kein Problem – schließlich stand der Eurokurs bei seiner Einführung auch so hoch wie heute. Umgekehrt wollen die Regierungschefs auch keine Gefahr im schwächer werdenden Dollar sehen. Vielmehr verwies Schröders Berater gestern auf „niedrige Zinsen“ und „die Haushaltsüberschüsse der letzten Jahre“. Auch sei die Unsicherheit über den Irakkrieg vorbei – all das spricht für eine wirtschaftliche Erholung. Deflation – fallende Preise und schrumpfende Wirtschaft? Gibt es nicht – „wir haben nach wie vor eine Inflation von mehr als einem Prozent“, sagt Tacke und lächelt.

Wichtig – so wichtig, dass es gleich beim Begrüßungsdinner am Sonntagabend auf der Tagungsordnung steht – ist den G-8-Chefs das Thema Afrika. Zusammen mit den Regierungschefs aus Algerien, Ägypten, Senegal, Nigeria und Südafrika wollen sie in Evian eine Bilanz ihrer Afrikapolitik der letzten zwei Jahre ziehen. 2001 wurde auf dem G-8-Gipfel in Genua die Nepad-Initiative ins Leben gerufen, die New Partnership for Africa’s Development. In deren Rahmen sollen „Afrikas Staaten ihre Regierungsführung künftig gegenseitig evaluieren“, erläuterte die Afrika-Beauftragte Uschi Eid (Grüne) gestern. Hierfür stellt die Bundesregierung 2,5 Millionen Euro zur Verfügung. Weitere 7,5 Millionen Euro zahlt Berlin an die Nepad-Staaten, damit deren Agrarprodukte auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig werden.

Unter „Entwicklungsthemen“ verbuchen die G 8 zwei weitere Punkte auf der Tagesordnung: Eine Bestandsaufnahme des Schuldenerlasses für sehr arme und hoch verschuldete Länder – und die Frage, ob weiter entschuldet werden soll. „Auf jeden Fall“, forderte gestern der Vorsitzende des Dachverbands der Entwicklungsverbände, Reinhard Hermle, nach einem Gespräch mit Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul. Die wolle sich jedoch erst mit ihren G-8-Kollegen abstimmen.

Außerdem wollen die G-8-Staaten einen Wasserfonds ins Leben rufen, um die Versorgung mit Trinkwasser weltweit voranzutreiben. Derzeit ist Deutschland mit jährlich 350 Millionen Euro der zweitgrößte Förderer von Wasserprojekten in Entwicklungsländern. Allerdings ist das deutsche Engagement nicht nur entwicklungspolitischer Natur: Mit RWE hat der drittgrößte Wasserkonzern seinen Sitz in Deutschland. Wird der Sektor künftig stärker gefördert, profitieren davon auch die großen Wasserversorger.

Bei aller Harmonie – eine Dissonanz bleibt: Bundeskanzler Schröder und US-Präsident Bush treffen sich nicht zu bilateralen Gesprächen.