rhein, weser, spree
: Schröder schwimmt

So eindrucksvoll ist die Macht eines Bundeskanzlers nur selten vor den Augen der Öffentlichkeit zerbröselt. Die Botschaft der Entwicklungen in Bremen und in Düsseldorf ist unmissverständlich: Wer als Sozialdemokrat derzeit Erfolg haben will, sollte auf Distanz zu Gerhard Schröder gehen und so laut wie möglich sagen, dass ihn dessen Meinung wenig interessiert. Das ist eine ziemlich bedrohliche Situation für jemanden, der die eigene Rücktrittsdrohung für das überzeugendste aller Argumente zu halten pflegt. Was will er denn tun, wenn in den eigenen Reihen die Zahl derer steigt, die in seinem Rücktritt keine Drohung mehr sehen, sondern ihre letzte Hoffnung?

Kommentar von BETTINA GAUS

Es mag sein, dass es dem Kanzler noch einmal gelingt, den Fortbestand der zerrütteten Koalition in Düsseldorf zu erzwingen. Aber er hätte damit noch nichts gewonnen, sondern lediglich einen weiteren Machtverlust vermieden. Das ist eine ungünstige Ausgangsposition für den bevorstehenden Sonderparteitag der SPD und für die schwierigen Abstimmungen über die Agenda 2010 im Bundestag – und zwar umso mehr, als Schröder inzwischen längst nicht mehr als unersetzlich gilt. In besseren Zeiten ist er Spekulationen nicht entgegengetreten, Wolfgang Clement solle als sein Kronprinz aufgebaut werden. Solche Überlegungen sind für den Regenten stets gefährlich. Sie erhöhen den Reiz von Palastrevolutionen.

Neuwahlen kann in der SPD derzeit niemand wünschen. Angesichts des Ausmaßes der Finanzkrise ist es auch sehr fraglich, ob die Union für eine große Koalition zur Verfügung stünde und sich somit in die Mitverantwortung für die Haushaltsmisere ziehen ließe. Solange jedoch alles bleibt, wie es ist, so lange hat Schröder kaum noch Handlungsspielraum. Er kann ja gegenwärtig nicht einmal sein Kabinett umbilden, wenn er sich nicht noch mehr Feinde machen will.

In den Augen mancher Sozialdemokraten ist die Lage inzwischen verzweifelt genug, um einen Kanzlersturz als Befreiungsschlag erscheinen zu lassen. Wolfgang Clement, dessen Aufstieg übrigens in Düsseldorf begann, hätte die Chance, mit neuem Personal den Eindruck zu erwecken, er brächte frischen Wind in die Koalition. Die Probleme würden zwar durch einen Wechsel an der Spitze nicht kleiner, aber politisches Ansehen hat bekanntlich viel mit Psychologie zu tun – und schlimmer kann es für die Regierung ja eigentlich kaum noch kommen. Die nächsten Wochen werden spannend.