Rot-grüne Koalition auf Himmelfahrtskommando

Der Kanzler will Regierungsbündnis in Nordrhein-Westfalen fortsetzen. Ministerpräsident Steinbrück widersetzt sich offen. Am Donnerstag, zu Christi Himmelfahrt, entscheidet Krisengipfel in Berlin

BERLIN taz ■ Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) kämpft um den Fortbestand der rot-grünen Koalition in Nordrhein-Westfalen. Er sei sicher, dass SPD und Grüne in Düsseldorf zu einer erfolgreichen Sacharbeit zurückfinden, sagte Schröder gestern in Berlin. „Es ist falsch, sich in Streitigkeiten zu verlieren.“

Nur ein paar Stunden nach Schröders Auftritt in Berlin stellte sich der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Peer Steinbrück demonstrativ gegen den Wunsch seines Parteivorsitzenden. Die rot-grüne Koalition befinde sich in einem Klärungsprozess, sagte Steinbrück in Düsseldorf. „Es liegt in der Natur eines solchen Klärungsprozesses, dass erst am Ende feststeht, ob ein Einvernehmen gelingt“, betonte der Ministerpräsident. Unmissverständlich machte Steinbrück klar, dass er sich die Entscheidung über die Fortsetzung seines Regierungsbündnisses mit den Grünen nicht aus der Hand nehmen lasse. Der Ministerpräsident liebäugelt mit einer SPD/FDP-Koalition, ohne das offen auszusprechen.

Die Spitze der Bundes-SPD verfolgt den Konfrontationskurs Steinbrücks mit zunehmendem Ärger. „Der führt sich auf wie ein Oberfeldwebel“, sagt ein führender Sozialdemokrat. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Michael Müller bezeichnet den Konfrontationskurs Steinbrücks als „unerfreulich, überflüssig und gefährlich“. „Das Ende von Rot-Grün in Düsseldorf wäre auch das Ende von Rot-Grün in Berlin“, so Müller zur taz. „Wenig hilfreich“ nannte Saarlands SPD-Chef Heiko Maas gegenüber der taz den Streit in NRW.

Am Donnerstag empfängt Schröder Steinbrück und Schartau zu einem Gespräch im Kanzleramt. Daran teilnehmen werden außerdem Wirtschaftsminister Wolfgang Clement und Fraktionschef Franz Müntefering. Schröder werde bei dem Gespräch klare Fronten ziehen, heißt es in der SPD-Führung. Offiziell sagte der Bundeskanzler gestern, die Entscheidung über die Fortführung der Koalition falle in Düsseldorf. Er äußerte außerdem Verständnis für Steinbrücks Ärger. Die Grünen in Düsseldorf zeigten eine „Neigung zu Debatten“, die die Grünen in Berlin „längst überwunden“ hätten.

Die Grünen sprachen sich für eine Fortsetzung der Koalition aus. Das Bündnis sei nicht zerrüttet, sagte der Bundesvorsitzende Reinhard Bütikofer. „Wir sehen für NRW und Deutschland keine Alternative zu Rot-Grün.“

JENS KÖNIG

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