Kommentar: Zoll-Freidemokraten im Visier
: Wilke muss sich stellen

Der nordrhein-westfälischen FDP konnte man einen gewissen Unterhaltungswert noch nie absprechen. Auch nach dem Abgang von Paratrooper Jürgen Möllemann haben sich die Liberalen ihren Hang zum politischen Slapstick bewahrt. Zigaretten schmuggeln auf Informationsreise in Frankfurt (Oder) – und keiner hat sich was dabei gedacht. Nur Friedrich „Fluppen-Fritz“ Wilke soll es jetzt gewesen sein, der gierige Kettenraucher aus Köln. Gewiss, Tabakfreund Wilke muss über seinen Fauxpas auspacken, alles gestehen. Vor allem sollte der Freidemokrat über Mittäter, Hintermänner und -frauen aus der Fraktion auspacken. Denn die scheinen ihn ja schon fallen gelassen zu haben.

Die restlichen Teilnehmer der Polen-Fahrt beweisen nämlich die alten FDP-Tugenden. Egoistisch haben sie nichts gesehen, nichts gewusst, nichts bemerkt. Der ertappte Schmuggler wird allein gelassen, während Law-and-order-Vertreter wie FDP-Polizist Horst Engel mit krudesten Schutzbehauptungen ihre Unschuld beweisen wollen. Seit Parteispenden-Graf Lambsdorff hatte sich noch jeder delinquente Liberale mit Nichtwissen, Ahnungslosigkeit und geistiger Unfrische herausgeredet. Bevor noch weitere Schmuggel- und Zoll-Geschichten öffentlich werden, sollte die FDP-Reisegruppe gründlich die Taschen ausleeren.

Die politische Glaubwürdigkeit der FDP wird durch die Affäre kaum angetastet. Im Gegenteil: Das Niveau ihrer Programmatik konnten die Zolltrickser auch im Alltagsleben halten. Die FDP lebt ihren Liberalismus grenzenlos aus. MARTIN TEIGELER