Journalisten mit Sendungsbewusstsein

Der Kirchentag ist auch ein Medienspektakel. 2.000 Journalisten, weit mehr als beim Weltwirtschaftsforum, werden erwartet. Das ZDF plant eine ökumenische Revolution. Radio Vatikan hat „wenig Verständnis für deutsches Geschrei“

BERLIN taz ■ Zumindest beim Zweiten Deutschen Fernsehen bewirkt der Kirchentag eine ökumenische Revolution. Zum ersten Mal seit Martin Luthers Thesenanschlag an der Schlosskirche in Wittenberg 1517 werden in Berlin die „Kirchenredaktion/kath.“ und die „Kirchenredaktion/ev.“ ein gemeinsames Programm machen. Und für die ZDF-Redakteure ist die Bedeutung des Christentreffens kaum zu übertreffen: Brigitte Klos, Kirchenredakteurin beim ZDF: „Was für die Kollegen in der Spielfilmredaktion die Filmfestspiele in Cannes sind, das ist für uns der Kirchentag.“

Der Kirchentag als Medienereignis: Etwa jeder 200. Besucher des Kirchentages ist von Beruf Journalist. Mit über 2.000 erwarteten Journalisten schlägt die Veranstaltung alle bisherigen Kirchentagsrekorde und selbst Events wie den Weltwirtschaftsgipfel oder das DFB-Pokalendspiel. „So einen medialen Aufwand hat es noch nie für einen Kirchentag gegeben“, meint stolz der evangelische Kirchentags-Pressesprecher Rüdiger Runge. Die Anfragen seien von Sizilien bis Finnland gekommen.

Das Interesse im Ausland fällt jedoch unterschiedlich aus. Der britische Sender BBC ist mit einem Team auf dem ÖKT unterwegs, CNN will in seinem internationalen Programm nicht aus Berlin berichten, lässt Sprecherin Amelie Heinrichsdorf wissen. Anfragen ausländischer Fernsehstationen nach Bildern von ARD und ZDF habe es bisher nicht gegeben, so die Sender.

Radio Vatikan ist in doppelter Mission in Berlin. Neben der aktuellen Hörfunk-Berichterstattung will die selbst ernannte Stimme des Papstes für ihr Programm werben, das in 179 Sprachen gesendet wird. „Unser Blickwinkel ist natürlich ein bisschen anders“, meint der Leiter des deutschsprachigen Programms, der Jesuitenpater Eberhard von Gemmingen. „Für das deutsche Geschrei hat man in der Weltkirche wenig Verständnis.“ Auf den Eucharistie-Streit stürzten sich vor allem oft die Journalisten, „die keine Ahnung haben“, so von Gemmingen. Er pocht auf seine Unabhängigkeit: „Wir sind genauso frei und unabhängig wie die Kollegen der taz auch.“

Auch Couchpotatoes müssen nichts verpassen: Der RBB überträgt den Eröffnungsgottesdienst am Mittwoch um 18 Uhr. Brisanz erhoffen sich viele Journalisten von der verbotenen Feier eines gemeinsamen Abendmahls am Donnerstagabend um 18 Uhr, bei dem nur ein beschränkter Pool von Kamerateams zugelassen ist. Das ZDF will schon in den „heute“-Nachrichten Bilder liefern. Beim Himmelfahrtsgottesdienst am Donnerstag um 10 Uhr ist die ARD live dabei, den Abschluss-Gottesdienst am Sonntag um 10 Uhr überträgt das ZDF. In der Sendung „Kirchentag spezial“ fasst der RBB von Mittwoch bis Sonntag jeden Tag abends noch einmal zusammen. STEFAN LEIFERT