ein aufregender tag mit freund birnbaum von JAN ULLRICH
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Im „Ministerium für Angelegenheiten und Referate“, wo ich und mein Freund Birnbaum arbeiten, spielen wir heute Räumetauschen. Ich setze mich in Birnbaums Büro, und er setzt sich in meins. Aber das wird schnell langweilig. „Wenn schon, dann muss man es auch richtig machen“, sagt Birnbaum. Deshalb tragen wir alle Akten von Birnbaum zu mir und auf dem Rückweg meine Akten zu ihm. Anschließend tauschen wir die Schreibtische und die Computer aus, die Farbbänder, Folien, Faxrollen und Stempelkissen, die Sessel und Regale, die Gardinen und Teppiche. Zum Schluss geht es dann noch an die Deckenlampen und Zimmertüren.

Kaum sind wir fertig, kommt Oberamtsrat Bruch und schreit: „Was ist das hier für ein Durcheinander? Sofort alles zurück. Aber marsch, marsch!“ Da müssen wir alles wieder austauschen: „Gibst du mir die Akte Mahlzahn, bekommst du den Schriftsatz Dinkelbrei“, macht Birnbaum sein erstes Angebot. Und so geht es eine ganze Zeit, bis alles wieder an seinem Ort ist. Nur die Teppiche nicht. Das machen wir aus Trotz, weil der Oberamtsrat Bruch so herrisch war. „Hm, Blümchenmuster“, sagt mein Freund Birnbaum.

„Und was jetzt?“, fragt mein Freund Birnbaum. „Alles fertig machen zum Räumerauschen!“, rufe ich. Schon werfen wir die Akten hoch in die Luft, dass sie nur so durch die Gegend flattern. Am Ende stehen wir beide auf dem Schreibtisch und verteilen von dort die dringende Sache Semmler und Söhne über den ganzen Fußboden. „Sehr gut!“, freut sich mein Freund Birnbaum und schaut auf die Papierberge in seinem Zimmer. „Das ist ein idealer Ort zum Träumetauschen.“ Und er beginnt: „Ich war mal ein Sommerhut!“ – „Und ich konnte fliegen.“ – „Und ich war der König von Preußen!“, wirft Oberamtsrat Bruch jetzt ein, der kurz nach dem Rechten schauen und nur aufschneiden will, aber wir lassen uns davon nicht beeindrucken. „Ich war mal ein Sternenregen“, meldet sich nun Kollegin Vogelscheuch, die alles mitgehört hat, über die Gegensprechanlage. „Schöner Traum!“, loben Birnbaum und ich. „Das sollten Sie unbedingt noch einmal träumen.“ Anschließend machen wir merkwürdige Geräusche, die wir mit unseren Diktiergeräten aufnehmen.

Nach dem Mittagessen ist Zeit für die Büroolympiade: Radiergummiaufrubbeln, langsames Schnellheften und Locher-in-die-Hängeregistratur-Werfen. Das verlangt viel Geschick und Konzentration. Am Ende sind wir ganz erschöpft, doch jetzt heißt es noch, das Kollegenkaraoke auf dem Bürogang nicht verpassen. Den dritten Platz erreicht die Praktikantin Janine mit ihrem „Haarspange im Wind der Zeit“, was nicht schlecht ist für jemanden, der mal Fan von A-ha war. Zweite wird Kollegin Vogelscheuch mit dem inbrünstigen Vortrag von „Ich habe auf dem Mond gewohnt – es wurde mit der Liebe belohnt!“, wobei sie die ganze Zeit Kassenprüfer Lehmann angesehen hat. Platz eins geht aber an den Ministerialrat Ventzke für seine interessante Neuinterpretation von „Ich kann es nicht genau erklären. Es hat aber Gründe“. Langsam geht draußen die Sonne unter.