Vorwiegend Stuss

betr.: „Auch Gewerkschaften vertreten nur eine Interessengruppe, sagt Daniel Cohn-Bendit“, taz vom 2. 4. 04

Sehr geehrter Herr Cohn-Bendit, in Ihrem Interview stellen Sie Attac und Gewerkschaften als unflexible Besitzstandswahrer mit abgestandenen Rezepten von vor 30 Jahren dar. Als Alternative plädieren Sie für eine Politik nach dem „Trial-and-Error-Prinzip“.

Ich finde es großartig, dass Sie als Grüner bereit sind, „Dinge zu probieren“. Ich schlage Ihnen deshalb folgende Versuchsanordnung vor: Sie verzichten auf den Besitzstand eines EU-Parlamentariers und leben künftig von 345 Euro Arbeitslosengeld II. Davon ziehen Sie dann noch die neuen Zuzahlungen beim Arzt, in der Apotheke, für Krankengymnastik usw. ab, die ständig steigenden Strompreise, höhere Preise für Fahrkarten …

Ich bin sicher, bei Ihnen und den Grünen insgesamt würde ein solches Sein sehr rasch das Bewusstsein verändern. Statt in Interviews an die Opferbereitschaft (natürlich immer der anderen) zu appellieren und vorwiegend Stuss zu reden, würden Sie heute Seite an Seite mit Attac und Gewerkschaften marschieren und für eine Politik kämpfen, die von Menschen für Menschen gemacht wird. Aber vielleicht genügt es Ihnen inzwischen auch, Windmühlen und Kühe zu subventionieren. Jedenfalls wünsche ich Ihnen, dass Sie eines Tages wieder spüren, wann und wohin sich der Wind dreht.

WERNER JOURDAN, München