■ Nachhilfe für Management und Chef
: Wie Bahnreisende denken

betr.: „Bahn macht klar Schiff“, „Für die Bahn ist der Aktionär König“, „Die schlimmsten Sünden der AG“, taz vom 21. 5. 03

Da haben wir’s: Mit dem „Paradigmenwechsel zu mehr Kundenfreundlichkeit“ gesteht Mehdorn ein, dass er/die Bahn alle möglichen Ziele hatten, nur nicht die Kundenfreundlichkeit. Was ich als Bahnpendler aus Erfahrung bestätigen kann. […]

FRANCISCO HASSELBACH, Gießen

Eigentlich ist es keine Alternative: Dividende für Aktieninhaber oder bequeme Fahrten für Reisende. Nur eine Firma mit Kunden kann Gewinne einstreichen. […] Durch den Versuch, die Interessen der Aktieninhaber zu wahren, ohne die Interessen der Kunden im Blick zu haben, ist eine Rezession entstanden.

ROBERT RISACK, Erlangen

Offensichtlich sind die für das Tarifsystem zuständigen Manager eben doch eher Vielflieger als Bahnfahrer. Sonst hätten sie von Anfang an verstanden, wie Bahnreisende denken … Herr Mehdorn kommt aber aus meiner Sicht zu billig weg, denn er kann ja nicht behaupten, er sei ja von Anfang an gegen das Bahnflugtarifsystem gewesen. Im Gegenteil: Wenn er etwas vom Geschäft „seiner“ Firma verstünde, hätte er es erst gar nicht zu einem solchen Tarifsystem kommen lassen. […] Wenn die Bahn an die Börse gehen sollte, werden wohl viele Bahnreisende zum Autohändler gehen. […] JÜRGEN KINDLER, Kobern

„Wird die Bahn zum Unternehmen, das in erster Linie den Aktionären Dividende garantiert oder Reisenden eine bequeme und sichere Fahrt?“, fragt Klaus Hillenbrand. „Was bei der Teilprivatisierung der Post gelang, muss bei der Bahn noch lange nicht klappen.“

Nun bin ich – ehrlich gesagt – in der jüngsten Vergangenheit äußerst selten mit der Post gefahren bzw. – wenn ich ganz ehrlich bin – eigentlich sogar noch nie. Deshalb kann ich auch weder bestätigen noch widerlegen, dass die Post bequeme und sichere Fahrten garantiert. Darüber hinaus aber fällt mir manches ein, was bei der Teilprivatisierung der Post nicht so gelungen ist.

MANFRED STACHE, Pinneberg

Es ist schon peinlich, wie nach den Bauernopfern die asoziale Kundenausbeutung durch die Bahn weitergeführt wird. Für meine Freundin und mich (Wochenendpendler und auch sonst Bahnfahrer) bedeutet das Ende der alten Bahncard eine Ausgabensteigerung von 4.000 auf 6.000 Euro im Jahr.

Die Plan-&-Spar-Rechenmodelle kann man ja jetzt schon für die Fahrten am Freitag und am Sonntag in der Pfeife rauchen. Wenn im Laufe des nächsten halben Jahres alle alten Bahncards abgelaufen sein werden, dann wird sich der Andrang noch mehr verdichten. Mehdorn macht Kasse und ich werde mir Gedanken über einen Autokauf machen müssen. […]

THOMAS SCHULZ, Göttingen

Fehler 4: Viele Verbindungen haben sich verschlechtert, vermehrtes Umsteigen – der Schrecken aller Reisenden mit Gepäck, mit Fahrrädern, mit Kindern, mit Gehbehinderung – mit dem Risiko, durch Verspätungen den Anschluss zu verpassen, ist die Folge. Ein Beispiel: Bisher kam man direkt von Offenburg nach Heidelberg, in ca. 70 Minuten. Jetzt muss man in Karlsruhe umsteigen und dort eine gute halbe Stunde auf den Anschluss warten.

Fehler 5: Die Gastlichkeit ist stark zurückgegangen. Früher konnte man zum Beispiel bei der langen Fahrt über den Schwarzwald zum Bodensee im IR gemütlich frühstücken. Jetzt im IRE muss man sich sein Getränk in der Thermoskanne mitschleppen oder in Askese üben. […] CHRISTIANE RATTINGER, Offenburg

Die schlimmste Sünde der Bahn(vorstände) ist, dass sie ihr oberstes Unternehmensziel verschweigt. Das haben bisher alle DB-Vorstände eingehalten und erreicht. Es lautet Minimierung der Autokonkurrenz. Und die schlimmste Sünde der Berichterstatter zum Bahnthema ist, dass sie diese Wahrheit nicht wahrhaben wollen.

Wer das Umsteigepotenzial in Deutschland vom Auto auf die Bahn einigermaßen abschätzen kann und die preispolitische Leichtigkeit kennt, diese 100 Milliarden Autokilometer p. a. zu Gunsten der Bahn zu realisieren, der kennt die Angst der Automanager, der High-Tech-Unternehmer, der Banken und der regierungsamtlichen Wachstumspolitiker in Deutschland vor dem Fall, dass ein Bahn-Vorstand sich dieses 100-Milliarden-Potenzials annimmt. Deshalb ist allen diesen Wachstumsmanagern ein Fehlschlag des neuen Preissystems mit seinem Umsteigeeffekt ins Auto gerade recht.

Mehdorn war und ist ihr erfoglreicher Automann bei der Bahn. Deshalb hat ihn der Aufsichtsrat ja auch nicht in die Wüste geschickt. Sein Vorstandsvertrag wurde wegen seines Geheimerfolges bei der Minimierung der Autokonkurrenz verlängert. […]

RÜDIGER KALUPNER, Erlangen

Es gibt nur eine Lösung: Die BahnCard 50 muss wieder her! Niemand verlangt ja, dass die 50 Prozent auf die FrühbucherInnen-Rabatte angerechnet werden sollen. Und wenn die Bahn an diesen Rabatten so sehr hängt, dann soll sie ihren KundInnen wenigstens die Wahl lassen zwischen BahnCard 50 ohne weitere Rabatte und BahnCard 25 mit Frühbucherrabatten. Dass das funktioniert, belegt das derzeit angewandte Übergangssystem.

Außerdem muss eine Lösung gefunden werden, wie auch im Nah- und Regionalverkehr nennenswerte VielfahrerInnen-Rabatte gewährt werden können, sei es durch die BahnCard 50 oder durch FrühbucherInnen-Rabatte auch in zuschlagsfreien Zügen!

Und im Übrigen, der InterRegio „Rennsteig“ von Stuttgart nach Erfurt, kurz nach 7 Uhr ab Stuttgart, ehemals wichtigste bezahlbare Verbindung von Südwest nach Ost, muss auch wieder her!

GEORG LITTY, Unterjesingen

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