ERNEUERBARE-ENERGIEN-GESETZ IST WIRKSAMER ALS EMISSIONSHANDEL
: Die Klimaschützer sitzen im Parlament

Wer hätte das gedacht, es gibt sie noch: Gesetze, die das Parlament selber macht. Kompromisse, die nicht im Kanzleramt ausgehandelt und dann diktiert werden. Gestern verabschiedete der Bundestag mit den Stimmen von SPD und Grünen die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), jenes Werks, dem wir den Windkraftboom zu verdanken haben. Dabei nahmen die Parlamentarier einige Beschränkungen wieder zurück, die auf Druck von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement in den Regierungsentwurf gelangt waren.

Die Novelle verbessert vor allem die Förderung von Energie aus Biomasse. Die rot-grünen Abgeordneten hoffen auf einen ähnlichen Boom bei Biogas und Holz-Heizkraftwerken wie beim Wind. Eins ist aber schon klar: Das EEG wird mehr Kohlendioxid einsparen als der Emissionshandel.

Denn schon heute werden durch das EEG 20 Millionen Tonnen Kohlendioxid eingespart, weil es klimaschädliche Kohle und auch Gas ersetzt. Bis 2010 ist mit weiteren 15 Millionen Tonnen zu rechnen. Die Hälfte mehr also, als der Emissionshandel nach dem Kompromiss von Montagnacht im Kanzleramt einsparen wird. Das relativiert sehr die Forderung Clements, bei einem Erfolg des Emissionshandels das EEG zur Disposition zu stellen.

Auch den Emissionshandel sollten sich die Abgeordneten noch einmal vornehmen: Für den Ausstieg aus der Atomkraft muss die Industrie neue Gas- und Kohlekraftwerke bauen. Clement sorgte dafür, dass den Stromkonzernen dafür explizit zusätzliche Emissionsrechte zugeteilt werden. Der Ausbau von Windkraft und Biomasse spart dagegen Gas und Kohle ein – dieser Effekt wurde beim Emissionshandelsplan kaum berücksichtigt.

Das führt dazu, dass die Industrie dank des EEG bis 2010 eben jene 15 Millionen Tonnen mehr an Kohlendioxid ausstoßen darf als bisher – oder aber übrig bleibende Emissionsrechte teuer an EU-Nachbarn verkaufen kann. Letztlich ist das nichts anderes als eine Subvention der Stromwirtschaft. Die Fraktionen von SPD und Grünen täten gut daran, diese haarsträubende Fehlkonstruktion zu beheben, wollen sie ihr Engagement zum Klimaschutz, das sie gestern so klar demonstrierten, nicht ad absurdum führen. MATTHIAS URBACH