Die SPD auf gutem Wege zum Projekt 18

Partei rutscht in Umfrage auf historisches Tief von 25 Prozent. Fraktionsspitze sieht klare Mehrheit für Agenda 2010

BERLIN taz ■ Gerhard Schröders SPD ist, egal was sie tut, weiter auf Talfahrt. In der wöchentlichen Umfrage von Stern und RTL sank die Partei auf ein neues Rekordtief von 25 Prozent, noch einmal ein Punkt weniger als in der Vorwoche. Ein derart niedriger Wert sei vom Forsa-Institut für die Sozialdemokraten bislang noch nie ermittelt worden, heißt es. Auch das Vertrauen in die politische Kompetenz der SPD ist gering: Nur 17 Prozent aller Befragten meinten, die Partei könne Deutschland aus der Krise führen. Nur für den SPD-Vorsitzenden Gerhard Schröder brachte die Umfrage eine überraschende Erkenntnis. 52 Prozent der Bundesbürger sehen in ihm die Verkörperung der Seele der Partei. Nur 26 Prozent sehen Oskar Lafontaine in dieser Rolle.

Ungeachtet dieser schlechten Werte arbeitete die SPD weiter ihren Fahrplan für die Umsetzung der Agenda 2010 ab. Gestern und vorgestern diskutierte die Bundestagsfraktion auf einer Klausurtagung in Berlin mit den zuständigen Fachministern Hans Eichel, Wolfgang Clement und Ulla Schmidt die sozialpolitischen Reformvorschläge. Fraktionschef Franz Müntefering fasste das Ergebnis so zusammen: „Die Analyse wird präziser, der Wille zum Handeln entschlossener, die Stimmung besser.“ Die Fraktion sei in der Diskussion weggekommen vom Festbeißen in einzelne Details. Sie habe mehr über die langfristigen Perspektiven des Reformprogramms gesprochen.

Die große Linie in der Debatte hat gestern der Kanzler höchstpersönlich vorgegeben. Schröder rief die Partei abermals zu mehr Reformbereitschaft auf. Die SPD müsse sich der „neuen Wirklichkeit“ stellen. Nach Angaben von Teilnehmern sagte er: „Wir haben uns die Mission auferlegt, das Land zu reformieren. Wer, wenn nicht wir, könnte das tun.“ Auf die Koalitionskrise in Nordrhein-Westfalen ist Schröder dabei nur am Rande und eher zurückhaltend eingegangen. Er sagte, er habe gedacht, auch so genug zu tun zu haben. Schröder fügte hinzu, die notwendigen politischen Diskussionen müssten dort stattfinden, „wo sie hingehören“.

Nach der Klausur zeigte sich Müntefering zuversichtlich, dass die Agenda 2010 im Bundestag eine rot-grüne Mehrheit finden werde. Die Bereitschaft in der SPD-Fraktion, den entsprechenden Gesetzen zuzustimmen, werde größer. Gleichzeitig wachse aber auch die Einsicht in die Notwendigkeit schmerzhafter Veränderungen. Es gehe nicht primär darum, Harmonie in der Partei oder mit den Gewerkschaften herzustellen. Noch optimistischer war der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Ludwig Stiegler. Er sei sich „traumhaft sicher“, dass alle SPD-Abgeordneten der Agenda zustimmen werden, sagte er. Den Prozess wachsender Zustimmung beschrieb der Fraktionslinke als „kollektiven Lernprozess“. Zuerst sei die Agenda als eine Ansammlung von Nadelstichen wahrgenommen worden. Jetzt, wo das Kleingedruckte vorliege, werde der heilende Effekt der Akupunktur spürbar. JENS KÖNIG