Wurschteln im Desaster

Schleswig-Holstein spitzt weiter den Rotstift: Hochschulen und BeamtInnen sollen Opfer bringen. Gestecktes Ziel, Neuverschuldung auf Null zu senken, ist einkassiert

In prekärer Finanzlage hat sich die schleswig-holsteinische Landesregierung auf die Haushaltsschwerpunkte für 2004/05 geeinigt. Vorgesehen sind teils drastische Einsparungen, aber auch eine Nettoneuverschuldung von fast 1,1 Milliarden Euro – bei einem Volumen des erstmals geplanten Doppeletats von etwa 15,9 Milliarden. „Sie ist, so wie sie ist: desaströs“, sagte Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) am Mittwochnachmittag in Kiel zur Haushaltslage nach einer „Eckwerte“-Klausur ihres rot-grünen Kabinetts in Hohwacht (Kreis Plön). Sie kündigte auch Vorschläge für Eingriffe in Leistungsgesetze des Bundes und der Länder an.

Angesichts spekulativer Debatten über eine Große Koalition und der Krise von Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen demonstrierte die Landesregierung Harmonie. „Das Kabinett hat außerordentlich gut zusammengearbeitet“, sagte Simonis. „Kiel ist nicht Düsseldorf, Heide Simonis ist – und ich füge hinzu: zum Glück – nicht Peer Steinbrück“, ergänzte der grüne Umweltminister Klaus Müller.

Die Regierung will die Förderprogramme in den nächsten zwei Jahren um jeweils 15 Millionen Euro kürzen, Verwaltungsgebühren erhöhen und sozial gestaffelt Weihnachts- und Urlaubsgeld der Beamten beschneiden. In Gesprächen mit den Kommunen sollen Aufgaben neu verteilt werden, ein weiterer Griff in die kommunalen Kassen sei nicht geplant, sagte Simonis.

Entlastungen erwarte man aus einer Reform der sozialen Sicherungssysteme und dem von der Landesregierung unterstützten Abbau von Subventionen, sagte Finanzminister Ralf Stegner (SPD). Er bekommt auch mehr Kompetenzen und wird vom nächsten Jahr an die Ausgaben für Gutachten sowie für die Informations- und Telekommunikationstechnik zentral veranschlagen. Weiterer Erfolg für Stegner: Die Anmeldungen der Ressorts werden auf die Vorgaben der mittelfristigen Finanzplanung zurückgefahren, nachdem sie um einen hohen dreistelligen Millionenbetrag darüber lagen.

Längst kassiert wurde das Ziel, die Nettoneuverschuldung 2008 auf Null zu senken. Dies sei derzeit illusorisch, sagte Simonis. Im laufenden Jahr wolle man es anders als 2002 schaffen, dass die Nettokreditaufnahme nicht die Verfassungsgrenze übersteigt. Entlassungen im öffentlichen Dienst will die Regierung weiter vermeiden, Umsetzungen nicht. Es sei kein Unglück, in Schleswig zu wohnen und in Flensburg zu arbeiten, sagte der Finanzminister.

Weiter beschlossen wurden Einschnitte in die Hochschullandschaft. Grundlage waren die Empfehlungen einer Expertenkommission. Sie zielen im Kern darauf, dass die Hochschulen sich stärker auf ihre leistungsfähigen Bereiche konzentrieren. WOLFGANG SCHMIDT