SPD: Bitte nicht so laut freuen

Die CDU darf nicht vergrault werden: SPD beschloss fast ohne Diskussion die Ausrichtung der Koalitionsverhandlungen

taz ■ Einem winzigen Wörtchen war es zu verdanken, dass auf dem Parteitag der SPD am Dienstag wenigstens ein bisschen was los war. Da tagte die SPD Bremen-Stadt – einen Tag später, als alle drei Unterbezirke Bremerhaven, Bremen-Nord und Stadt, in Vegesack zusammenkamen, war das kleine Wörtchen vom Tag zuvor kein Thema mehr. Der Abend gehörte Wahlsieger Henning Scherf und endete rasch: Gegen halb sieben hatten sich die 135 Delegierten mit Wasser, Bier und Käsebrötchen versorgt. 45 Minuten später war dann alles vorbei: Da hatten sie mit gerade mal vier Gegenstimmen beschlossen, die Koalitionsverhandlungen mit der CDU aufzunehmen. Der Tagesordnungspunkt „Aussprache“ blieb ohne Wortmeldung.

Das Wort, das am Tag zuvor für eine Debatte gesorgt hatte, lautet: „zunächst“. Auf Antrag von Gerd Markus, Ex-Häfenstaatsrat, sollte es eingefügt werden in den Beschluss der Partei, mit der CDU in Koalitionsverhandlungen zu treten. „Zunächst mit der CDU“ hätte es heißen sollen, wenn es nach Markus gegangen wäre. Ging es aber nicht.

„Kann sein, dass die CDU ein schwieriger Verhandlungspartner wird“, hatte Henning Scherf zuvor gesagt, „an uns wird es jedenfalls nicht scheitern.“ Mehr musste der Mann des Abends nicht sagen, außer zum Wahlkampf – „Ich hätt’s gar nicht glauben mögen, wie schön das gewesen ist“, ließ er gemeinsames Singen auf dem Findorffer Markt Revue passieren, „und alle wussten, das sind die Sozialdemokraten“. Alles weitere machten die Genossen für ihn klar.

Der „Zunächst“-Antrag sei überflüssig, „denn wenn die Verhandlungen mit dem einen scheitern, kann man auch noch mit dem andern verhandeln“, so Bremens SPD-Chef Wolfgang Grotheer. Und: „Mir scheint der Zeitpunkt nicht gekommen, zu dem wir mit Rot-Grün eine mehrheitsfähige Politik machen können.“ Fraktionsgeschäftsführer Martin Prange nannte sich „keinen Freund der großen Koalition, aber zur Häme gibt es jetzt überhaupt keinen Grund.“ Schwarz-Rot sei das Wahlversprechen gewesen – „ein solches Versprechen dürfen wir nicht brechen.“ All das bekam viel Beifall von den Delegierten, aber als Jürgen Maly vom Ortsverein Buntentor – der stimmte außer Markus als einziger gegen den SPD-CDU-Beschluss – einen Tag später mit grimmiger Resignation erklärte: „Nach der Wahl können wir nichts anders machen, als dem Spitzenkandidaten zu folgen. Vorher konnten wir auch nichts anderes machen“ – da klatschte kaum einer.

Konrad Kunick, Ex-Bundestagsabgeordneter, erlärte: „Ich wünsche mir just jetzt, wo es ganz schwer wird mit den Finanzen, dass wir die CDU nicht aus der Verantwortung entlassen.“ „Das wird eine ganz enge, sehr schwierige, nicht sehr populäre Arbeit“, erklärte Henning Scherf, „das dürfen wir bitte nicht einfach wegilluminieren.“

Also muss die CDU bei der Stange gehalten werden. „Geduldig und ohne Überheblichkeit“ sei ihr zu begegnen, betonte SPD-Landeschef Detlev Albers, aber „sozialdemokratische Handschrift muss hinreichend deutlich wiederzufinden sein.“ Was „hinreichend deutlich“ heißen kann, schob er gleich hinterher: Beschloss der Parteitag bei Bildung die Formel: „sechsjährige Grundschule als Basisschule“, so erklärte Albers: „Dahinter, dass es einen Einstieg geben muss, dürfen wir nicht zurückfallen.“ Genau das Wörtchen „Einstieg“ in die sechsjährige Grundschule hatten die Stadt-Delegierten einen Tag zuvor noch gekippt.

Albers, der Gerüchte um eigene Senatorenambitionen nicht los wird, erklärte weiter, „es strengt an, wenn gegen alle vernünftige Reihenfolge von Seiten der CDU als allererstes gesagt wird, soviel Senatsposten wollen wir haben.“ Über diese Frage, so Albers, werde man erst ganz am Schluss reden. Susanne Gieffers