DIE REGIERUNG PFLEGT MISSVERSTÄNDNISSE, DIE IHR SELBST SCHADEN
: Gesundheit: Billiger wird‘s nicht

Noch einmal langsam und zum Mitsprechen: Die Krankenkassenbeiträge werden auch in diesem Jahr weiter steigen. Und im kommenden Jahr werden sie nicht auf 13 Prozent sinken. Womit zwei zentrale Behauptungen – man mag kaum noch von „Versprechen“ reden – der Regierung sich erübrigt hätten. Stellt sich die Frage: Warum gibt sie überhaupt noch Prognosen über Kassenbeiträge ab?

Es stimmt: Gesundheitspolitik wird von Verbraucher-, sprich Versichertenseite vor allem an der Höhe der Beiträge gemessen. Steigen die Beiträge, ist die Regierung schuld – meinen viele. Und es würden nicht so viele Menschen von den Großkassen zu den Betriebskassen wechseln, wenn ihnen der Unterschied zwischen 14,8 und 12,8 Prozent Kassenbeitrag nicht wichtig wäre. Darum stellen sich Kanzler und Gesundheitsministerinnen gerne hin und verkaufen eine Gesundheitsreform zum Beispiel mit der Rede von „13 Prozent“.

In diese selbst geschaufelte Grube fallen sie dann prompt hinein. Man kann Beiträge sowieso nicht mal eben kontrollieren – so wenig wie etwa den medizinischen Fortschritt oder die Arbeitslosenzahlen, von denen die Kassenfinanzen auch abhängen. Die Rede von der Senkung auf 13 Prozent ist Ulla Schmidts größte PR-Schwachstelle. Es wird immer deutlicher, dass zwar die Beiträge der Arbeitgeber sinken werden – schließlich werden diese vom Krankengeld befreit. Nicht aber die der Versicherten, die außerdem für Brillen, Pillen und Facharztbesuche draufzahlen sollen.

Ehrlicher wäre es, den Versicherten zu sagen, dass sie zwar eine Reform kriegen, mit der die Kassen besser wirtschaften, die Ärzte besser heilen und die Arbeitgeber glücklich werden sollen – nicht aber eine, die ihre Beiträge senkt. Und es könnte ja sein, dass die Bevölkerung mit dieser Wahrheit sogar leben kann. Mit irgendwelchen 13-Prozent-Versprechen dagegen werden Erwartungen erst geweckt, dann enttäuscht, und alle glauben irgendwie weiterhin, dass Regierungen vor allem zum Beiträgesenken da sind. So verfestigen Politiker ein Missverständnis, das ihnen am meisten schadet. ULRIKE WINKELMANN