Gestreifte statt Gelbe Tonne

Mülltrennung ist out, Zusammenwerfen in der „Zebratonne“ die Zukunft. Das Land NRW und die kommunalen Entsorger im Ruhrgebiet wollen den Nutzen neuer Sortieranlagen prüfen

VON NATALIE WIESMANN

In Essen soll dem Grünen Punkt der Garaus gemacht werden. Dort betreibt die RWE Umwelt AG eine Anlage, die Müll besser trennt, als der Mensch von Hand. Moderne Sortieranlagen sondern mit Hilfe von Lasertechnik Kunststoff aus Hausmüll heraus. Besser als die Bewohner des Ruhrgebiets. Deshalb sollen jetzt wieder Verpackungsabfälle und Restabfall in einer so genannten „Zebratonne“ gemeinsam gesammelt werden. Zurzeit prüfen NRW-Umweltministerium und Entsorger die Machbarkeit eines komplett neuen Recycling-Systems. Das wäre mittelfristig das Ende des Grünen Punkts.

Die RWE Umwelt AG hat in Essen eine Anlage zur Sortierung von Leichtverpackungen gebaut. Den Auftrag dafür gab ausgerechnet der Grüne-Punkt- Erfinder: Die Duales System Deutschland AG (DSD). Die Anlage soll den Gelbe-Tonnen-Müll für ein Viertel der Revier-Bevölkerung nachzusortieren. Auf der Umweltmesse ENTSORGA präsentierte die RWE-Tochter im vergangenen Herbst einen Versuch, bei dem 800 Tonnen Hausmüll nachsortiert wurden. Das Ergebnis: Innerhalb von 53 Stunden holte der Entsorger 34 Prozent Wertstoffe aus dem Müll. „Das sind mehr, als die Mengenvorgaben aus der Verpackungsverordnung erfüllen“, sagte RWE-Umwelt Sprecher Peter Werz.

Sechs kommunale Abfallbetriebe im Ruhrgebiet stehen dem neuen Trend skeptisch gegenüber: Sie lassen gerade die Zebratonne auf ökologische und ökonomische Effizienz prüfen. „Überzeugt bin ich noch nicht“, sagt Werner Meys, Geschäftsführer der Bochumer Umweltservice GmbH. Solche Sortieranlagen könnten eben nicht in jeder Kommune gebaut werden. Deshalb sei fraglich, ob es sich ökologisch und ökonomisch rentiere, den Müll in weit entfernte Anlagen zu transportieren.

Bedenken, dass kommunale Träger so ihren Entsorgungsauftrag verlieren, will Johannes Remmel, der umweltpolitische Sprecher der NRW Grünen-Fraktion zerstreuen. Seine Partei würde ein neues System nur mittragen, wenn die Kompetenzen des DSD auf die Kommunen umverteilt würden. „Wenn die Versuche positiv verlaufen, ist der Grüne Punkt Geschichte“, bestätigt er. Alle vier Fraktionen im Landtag hätten einen gemeinsamen Antrag an das Landesumweltministerium gestellt, die Wirksamkeit neuer Sortieranlagen zu prüfen. „Wir fordern jedoch zuvor die flächendeckende Einführung von Biotonnen“, sagt Remmel. Die gäbe es beispielsweise in Münster, in vielen Ruhrgebietsstädten jedoch noch nicht. Biotonnen seien aber nötig, weil die neuen Anlagen das Nasse im Müll nicht mitnehmen. Und die Trennung von Glas und Papier habe sich schließlich auch bewährt. „Daran wollen wir festhalten“, Remmel ist sich sicher.

Im Umweltministerium kann noch niemand viel zur Müllentsorgung der Zukunft sagen. „Wir befinden uns noch in einer Versuchsphase“, sagt Sprecher Leo Bosten. Man müsse auch prüfen, ob sich das duale System in bestimmten Gegenden nicht weiter bewährt. Bei den so genannten Fehlwürfen in den Müllbehältern gebe es ein Stadt-Land-Gefälle. „Wo die soziale Kontrolle groß ist, ist auch die Mülltrennung besser,“ sagt Bosten.