Ein Gaudispiel sorgt für ernste Mienen

Volleyballmeister SC Charlottenburg besiegt im Viertelfinale die wehrlosen Volley Dogs aus Hellersdorf. Das Derby war aber wohl kaum die passende Vorbereitung auf die folgenden Spiele gegen den letztjährigen Finalgegner Wuppertal

Es ist nicht unbedingt überall in der Hauptstadt zu spüren, dass Berlin die deutsche Volleyballmetropole ist. In der Männerbundesliga spielen mit den Volley Dogs und dem SC Charlottenburg zwei Berliner Vereine. Der amtierende Deutsche Meister heißt SCC. Wer aber am Samstag, dem Tag des zweiten Play-off-Viertelfinalspiels um die Deutsche Meisterschaft, an der Sporthalle Charlottenburg vorbeigegangen ist, suchte vergeblich nach einem Plakat oder einer Tafel, der man entnehmen hätte können, was an diesem Tag eigentlich gespielt wird in der Sömmeringstraße. Von Derbystimmung nichts zu spüren. Der SCC und die Volley Dogs spielen um den Einzug ins Halbfinale, und keiner kriegt’s mit.

„Das ist ja auch idiotisch, die Spiele in die Osterferien zu legen“, meinte einer der zwei SCC-Helfer am Einlass zur Halle. Viel hatten die beiden nicht zu tun am Samstag. Gerade einmal 500 Interessenten fanden sich zum Derby ein. Es dürften aber auch sportliche Gründe dafür verantwortlich sein, dass sich nur so wenige Zuschauer eingefunden haben. Die Volley Dogs aus Hellersdorf galten schon vor dem Spiel als chancenlos. Sie hatten sich als Zweiter der Abstiegsrunde für die Play-offs qualifiziert, während der SCC beinahe die ganze Saison über an der Spitze der Tabelle stand.

Im Berliner Stadtderby manifestierte sich die Zweiklassengesellschaft im deutschen Volleyball. Die wenigen professionell zusammengestellten Mannschaften brauchen sich gegen die Mitläufer der Liga, die oft froh sind, wenn sie überhaupt eine Mannschaft aufbieten können, gar nicht richtig anzustrengen. Und so herrschte schon vor dem ersten Aufschlag am Samstag unter den Charlottenburgern eine ausgelassene Stimmung. Es wurde gequatscht und gekichert, als hätten man das Spiel bereits gewonnen.

Unter den Spielern der Volley Dogs war die Stimmung nicht viel schlechter. Die Flughunde, die jedes Jahr darum kämpfen, den Etat für eine Bundesligamannschaft aufzustellen, rechneten sich nicht viel aus gegen den Meister. Valeri Lychou fehlte krankheitsbedingt, René Gesch und Michael Raddatz waren beruflich unterwegs. Auch das sagt viel über den Grad der Professionalität in der unteren Hälfte der Bundesliga. Beim Einschlagen fiel ein nicht mehr ganz junger Mann auf, dessen Bauchansatz darauf schließen ließ, dass es sich bei ihm nicht um einen Hochleistungssportler handeln kann. Es war Sönke Michaelis, der Manager der Volley Dogs. Eingesetzt wurde der 42-Jährige dann aber doch nicht.

Als die Flughunde Mitte des zweiten Satzes, den ersten hatte der SCC mit 25:17 gewonnen, mit zehn Punkten Rückstand schon aussichtslos zurücklagen, ermahnte Co-Trainer Heinz Kuring seine Spieler: „Kommt, 16 Punkte schaffen wir noch in dem Satz!“ Sie schafften es nicht ganz. 14:25 hieß es am Ende. Den Hellersdorfern war klar, dass die Begegnung nach der Niederlage im ersten Spiel der Best-of-three-Serie der Abschiedsauftritt in dieser Saison sein würde. So richtig ernst genommen hat also niemand das Spiel am Samstag.

Der Charlottenburger Superstar, Marco Liefke, der in der Lage ist, jeden Gegner in der Liga mit seinen Schmetterschlägen zu zermürben, konnte sich zurückhalten. Beinahe respektvoll machten ihm die Gegner bei seinen Versuchen Platz und so brauchte Liefke den Ball oftmals nur über das Netz zu drücken. Wie es den Flughunden trotz offensichtlicher Unterlegenheit auf allen Positionen dennoch gelang, im dritten Satz einen großen Rückstand beinahe aufzuholen, verstand niemand so recht in der Halle. SCC-Trainer Mirko Culic, der als Einziger seines Teams konzentriert und ernst wirkte, ermahnte seine Ersatzspieler, doch nicht allzu sehr herumzualbern. Seine Spieler erhöhten kurz einmal ihre Konzentration und machten dem Spiel mit 25:22 im dritten Satz ein Ende.

Dennoch war die gute Stimmung nach dem Spiel verflogen. Denn die Charlottenburger wussten: Das Gaudispiel gegen die Flughunde war wohl nicht gerade die ideale Vorbereitung auf das Halbfinale gegen den letztjährigen Endspielgegner SV Bayer Wuppertal.

ANDREAS RÜTTENAUER