Landespolitik interpretiert den Samstag

Ob auch Rot-Rot mit den Protesten vom Wochenende gemeint ist, darüber ist sich die Berliner Landespolitik uneins

Natürlich habe sich die Kritik der Protestierenden vom Samstag „auch gegen die rot-rote Senatspolitik gerichtet“, sagte deren Sprecher Michael Donnermeyer (SPD) gestern der taz.

Die Protestmotive seien verständlich und nachvollziehbar, gleichwohl lasse der Massenprotest aber auch den Mut erahnen, den die Regierung nun benötige, um bei der Sparpolitik weiter auf Kurs zu bleiben. An dem gäbe es nichts zu rütteln, denn „wir sind überzeugt davon, eine nachhaltige Politik zu verfolgen, die zukunftsorientierter ist als das, was da gefordert wird“, sagte Donnermeyer.

Anders sieht das der PDS-Landes- und Fraktionschef Stefan Liebich. Die Demonstration habe sich mehrheitlich gegen den Sozialabbau durch die rot-grüne Bundesregierung gerichtet. Es sei von den Demonstranten honoriert worden, dass auch PDS-Politiker mitmarschiert seien. Den BerlinerInnen sei bewusst, dass Rot-Rot einen anderen Kurs fahre und nicht die Besserverdienenden schone. Ein gutes Beispiel dafür sei die Staffelung der Kitagebühren. Die Gewichtung sei in Berlin deutlich differenzierter, meinte Liebich.

In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid vom Wochenende stellten die BerlinerInnen dem rot-roten Senat zur Halbzeit unterdessen „ein miserables Zeugnis aus“. 67 Prozent beurteilen demnach den Senat als „eher schlecht“ oder „sehr schlecht“. Nur ein knappes Drittel der 757 Befragten vergab eine positive Note und wertete „eher gut“. Nur 1 Prozent der Befragten findet die Arbeit des Senats „sehr gut“.

Im Vergleich schneidet der rot-rote Senat unter Klaus Wowereit zwar knapp, aber durchaus besser ab als die Vorgängermannschaft unter Eberhard Diepgen (CDU). Immerhin 40 Prozent halten laut Umfrage den amtierenden Senat für handlungsfähiger und glaubwürdiger.

Das alles hilft der SPD am wenigsten. Bei der Sonntagsfrage zum Abgeordnetenhaus landeten die Sozialdemokraten auf dem niedrigsten Stand seit Herbst 1999. Nur noch 21 Prozent würden sie wählen. Das ist 1 Prozentpunkt weniger als noch vor einem Monat. Die CDU bleibt mit 34 Prozent Zustimmung stärkste Partei in der Wählendengunst.

ADRIENNE WOLTERSDORF