verpasst?
: Die Penetranz in Person

Do., 23.30 Uhr, N24, „Friedman schaut hin“

Vielleicht sollte Michel Friedman endlich mal jemandem erklären, was das ist, ein Gespräch. Wenn er im „Studio Friedman“ auf Politiker und Funktionäre trifft, lässt man ihm seine Verhörmethoden noch durchgehen, ja freut sich sogar darüber, dass Friedman, diese Penetranz in Person, insistiert, wo Talkkollegen längst bei der übernächsten Frage wären.

Wenn er in „Friedman schaut hin“ jedoch auf medienunerfahrene Normalos trifft bzw. die auf ihn, ist seine Empathieschwäche ein Hemmnis, weil die Gesprächspartner sich von Friedmans Distanzlosigkeit nicht etwa herausgefordert fühlen, sondern eingeschüchtert und daher dichtmachen.

Schön zu beobachten war das wieder bei seinem Treffen mit dem Berliner Obdachlosen Jan Markowsky. Friedman nahm den armen, psychisch offenbar nicht gänzlich intakten Mann in die Zange, peitschte mit Fragen und Vorhaltungen auf ihn ein, bis Markowsky nur noch mit „Nö“ antwortete, egal was Friedman fragte. Den schien das nicht weiter zu stören, interessierte er sich doch wieder mal mehr für seine Fragen als für die Antworten seines Gegenübers. „Was hat Sie so verletzt, dass Sie so zumachen?“, fragt Friedman Markowsky, bevor sie zum Ku’damm fahren, sauteure Kinderpullis gucken und die Neidfragen abhaken.

Oh, wie sehr hätte man sich jetzt einen schlagfertigeren Gesprächspartner als Jan Markowsky gewünscht, jemanden, der geantwortet hätte: „Sie, Herr Friedman, Sie sind das Problem! Warum saugen Sie mich eigentlich die ganze Zeit so an?“ Aber für einen derartigen Temperamentsausbruch ist der vom Schicksal sedierte Markowsky in diesem Leben ganz offensichtlich nicht mehr zu haben. DENK