Mit der ganzen Familie zur Silvesterparty

Ernst Welteke, Chef der Bundesbank, feierte auf Kosten der Dresdner Bank. Jetzt hat er deswegen ein Problem

FRANKFURT taz ■ Was hätten wir uns gefreut: Bernd Fahrholz von der Dresdner ruft kurz vor dem Jahreswechsel 2001/2002 an und lädt die ganze Familie ein: zur einer dann plötzlich mehrtägig werdenden Silvesterfeier in das renommierteste Hotel im Herzen der Hauptstadt – das „Adlon“. Und das alles noch für lau. Pünktlich wie die Bundesbanker hätten wir am Silvesterabend bei „Big Bernd“ Fahrholz in Berlin auf der Matte gestanden. Und als brave Steuerzahler wären wir danach ganz sicher nicht auf den abwegigen Gedanken gekommen, die Berliner Fete im Gesamtwert von knapp 8.000 Euro bei der Abfassung unserer Einkommensteuererklärung dem Finanzamt nicht zu offenbaren. Schließlich genossen wir gerne einen zu versteuernden geldwerten Vorteil.

Aber Fahrholz rief nicht bei uns an, sondern bei Weltekes in Frankfurt am Main gleich nebenan. Die packten sofort die Handkoffer. Und Ernst, 61, und seine Frau Bettina, sein 3-jähriges Söhnchen und sein 25 Jahre alter Sohn und dessen Freundin checkten am 31. 12. 01 im „Adlon“ ein – zur viertägigen Euroeinführungsparty. Doch bis heute hat der amtierende Bundesbankchef Ernst Welteke, der rund 350.000 Euro Steuergeld im Jahr als Grundgehalt einstreicht, seine Einkommenssteuererklärung 2002 noch nicht verfasst. Aber Bernd Fahrholz. Dessen „Steuererklärung“ nennt sich Bilanz (Dresdner Bank). Und in der ist die Rechnung der Weltekes für die vier Tage in der „Pariser Platz Suite“ des „Adlon“ als Betriebsausgabe beim Finanzamt III in Frankfurt geltend und damit öffentlich gemacht worden.

Jetzt steht „Comandante Ernesto“, wie er von den Grünen im Hessischen Landtag wegen seines Engagements im befreiten Nicaragua in den 80er-Jahren gerne genannt wurde, plötzlich in der Kritik. Und der 1999 von SPD und Grünen zum Bundesbankchef ernannte ehemalige hessische Wirtschafts- und Finanzminister und Vorsitzende der Landtagsfraktion der SPD ging am Wochenende – nach einer Vorankündigung der Geschichte im Spiegel – auch schon einmal in die Offensive. Die Bank habe die Sache „auf Arbeitsebene abgewickelt“, sagte Welteke. Über die Modalitäten habe man nie gesprochen.

Warum auch? Wer denkt schon lange über einen geldwerten Vorteil in Höhe von 7.661 Euro und 20 Cent nach, wenn Monat für Monat knapp 30.000 Euro Grundgehalt aufs Konto fließen; nicht eingerechnet dabei sind die „Nebeneinkünfte“.

Auch wenn Welteke seinen Job als Bundesbankpräsident zur Zufriedenheit aller erledigt, bleibt auch deshalb nach der Abgabe einer Steuererklärung, die den geldwerten Vorteil angibt, ein „Geschmäckle“ zurück. „Wenn ich schon nach Berlin zur Silvesterfeier eingeladen werde, dann dehne ich das doch noch ein bisschen aus“, sagte Welteke. Die Dresdner Bank habe das doch schließlich akzeptiert. Und er sei ganz selbstverständlich davon ausgegangen, dass die Bank die Kosten übernehmen werde. Ganz selbstverständlich eben.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT