Gericht kippt Post-Mindestlohn

Das Oberverwaltungsgericht Berlin erklärt die Verordnung zum Post-Mindestlohn für rechtswidrig. Die Bundesregierung legt Revision ein. Der Mindestlohn soll weiterhin in Kraft bleiben. Grüne fordern: Das Entsendegesetz muss nachgebessert werden

VON BARBARA DRIBBUSCH

Das ist eine Niederlage für Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD): Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat die Rechtsverordnung des Bundesarbeitsministers vom Dezember 2007 für unzulässig erklärt, mit der dieser einen flächendeckenden Mindestlohn für das Postgewerbe eingeführt hatte. Mit dieser Verordnung werde die „gesetzliche Ermächtigung überschritten“, erklärte das Gericht am Donnerstag.

Seit Anfang dieses Jahres gilt bundesweit ein Mindestlohn für die Briefdienste. Er legt zwischen 8 bis 9,80 Euro brutto die Stunde fest. Dieser Lohn war zwischen dem von der Deutschen Post dominierten Arbeitgeberverband Postdienste und der Gewerkschaft Ver.di ausgehandelt und von der Regierung per Rechtsverordnung für allgemeinverbindlich erklärt worden. Wettbewerber der Post, denen dieser Mindestlohn zu hoch war, hatten jedoch mit der neu gegründeten Gewerkschaft Neue Brief- und Zustelldienste (GNBZ) einen eigenen Tarifvertrag geschlossen. Er sah niedrigere Löhne vor.

Diese Wettbewerber, darunter die PIN Mail AG, wehrten sich gegen den per Rechtsverordnung übergestülpten höheren Mindestlohn für ihre Briefdienste. Kläger im vorliegenden Fall war der Bundesverband der Kurier-Express-Post-Dienste.

Bereits in vorheriger Instanz hatte das Berliner Verwaltungsgericht die Verordnung für den allgemeinverbindlichen Post-Mindestlohn für rechtswidrig erklärt. In den Mindestlohn dürften nur tariflich nicht gebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer einbezogen werden, argumentierte das Gericht. Die Erstreckung auf die gesamte Branche, also auch auf die Beschäftigten, die unter Tarifvereinbarungen mit der Konkurrenzgewerkschaft GNBZ fielen, sei unzulässig. Diesem Urteil folgte nun auch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg.

Die Rechtsverordnung basiert auf dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz. Das Gericht befand, dass das Arbeitnehmer-Entsendegesetz jedoch keine klaren Regelungen enthalte, wie mit der Allgemeinverbindlichkeit umzugehen sei, wenn „andere Arbeitgeber oder andere Koalitionen ebenfalls Mindestlohnvereinbarungen getroffen hätten“.

Das Arbeitsministerium erklärte am Donnerstagabend, das Urteil widerspreche der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach der Mindestlöhne nicht durch ungünstigere Tarifverträge unterlaufen werden dürften. Die Bundesregierung habe deshalb umgehend Revision gegen das Urteil eingelegt. Bis zu einer endgültigen Klärung bleibe die Postmindestlohn-Verordnung weiterhin in Kraft. Die Bundesregierung sieht die Verordnung für die Branche Briefdienstleistungen nach wie vor als rechtmäßig an. Die Arbeiten am Arbeitnehmer-Entsendegesetz werden „fortgesetzt“, hieß es in der Erklärung.

Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, Brigitte Pothmer, forderte, das Arbeitnehmer-Entsendegesetz so zu ändern, dass der Post-Mindestlohn auch vor Gericht bestehen könne.