Köln überlässt Paten die Arbeit

Von den 600 öffentlichen Spielplätzen der Stadt hat über ein Drittel Spielplatzpaten. Die tun das, was eigentlich der Kommune obliegt: Plätze erhalten, Spielgeräte kaufen, Geld und Sponsoren auftreiben

Von ANNE HANSEN

Eigentlich sollte Monika Schauerte ja eine Urkunde bekommen. Dafür, dass sie sich sozial engagiert, sich als Spielplatzpatin um einen Spielplatz in Köln-Weiß kümmert und zeigt, „dass Kinder wichtig sind“, wie Fritz Schramma Anfang April bei der Ehrung der Kölner Spielplatzpatinnen und Spielplatzpaten sagte. Doch Monika Schauerte hat keine bekommen. Letztes Jahr wurde sie vergessen, und diesmal war sie sich zu schade, aufzustehen, als Schramma fragte: „Und? Gibt‘s noch jemanden, der leer ausgegangen ist?“ und dabei in die Runde grinste.

Bagger rückten an

Monika Schauerte ist nicht zum Lachen zumute. Sie ist enttäuscht von der Stadt Köln, die an den Kindern, der „Gesellschaft von morgen“ spare und den Bürgern Aufgaben aufdrücke, die sie eigentlich selbst übernehmen sollte. „Natürlich engagiere ich mich gern für die Gesellschaft“, sagt die 49-Jährige und fügt hinzu: „Aber nicht, wenn ich dabei die vergessenen Hausaufgaben der Stadt machen muss.“

Im September 2002 hätte die Stadt dafür eigentlich eine Sechs bekommen sollen. Vor der Haustür von Monika Schauerte in Köln-Weiß wurde der Spielplatz abgerissen. Die Stadt wollte die morschen Geräte nicht reparieren. Die Kassen seien ganz einfach leer, hieß es lapidar. Die Bagger rückten an.

Doch Monika Schauerte wollte das nicht hinnehmen. Sie ging von Tür zu Tür, sammelte Spenden und suchte Sponsoren. Sie stellte überall ihre Ideen vor, wälzte mit ihrem vierjährigen Sohn Kataloge mit Spielgeräten und ließ Kinder in Kindergärten und Schulen ihren Traumspielplatz malen. „Wenn schon, dann aber richtig.“ 22.000 Euro standen am Ende zur Verfügung, um alles „richtig“ zu machen. Heute gibt es auf dem Spielplatz für alle Altersstufen (bis 18 Jahre) etwas. Marc Schauerte, 4, erzählt mit leuchtenden Augen von einem Piratenschiff aus Holz, der Riesenrutsche und einer Kletterwand. Und seine Mutter wird beim Bäcker angesprochen. Toll sei es gewesen, was Monika Schauerte da getan habe. Man habe Respekt vor ihr. „Bürgerengagement ist prinzipiell wirklich gut“, sagt Schauerte. „Nur wenn sie zur Dauerlösung wird, kann etwas in der Stadt wohl nicht stimmen.“

Nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz ist die Stadt verpflichtet, Spielplätze zu errichten und diese zu warten. Wie viele Spielplätze es in einer Stadt geben muss und wie diese auszusehen haben, ist dabei nicht vorgegeben. Dabei ist die Bedeutung der Spielplätze unumstritten: „Für die Entwicklung der Kinder ist es sehr wichtig, dass sie Plätze haben, wo sie sich austoben können“, sagt Bernd Schulz vom Amt für Kinderinteressen. Trotzdem sind im letzten Jahr 14 Spielplätze geschlossen worden. Dort, wo sie „sowieso nicht sonderlich genutzt wurden“, so Schulz. Nicht sonderlich genutzt heißt in diesem Fall etwa in einer Fußgängerzone oder auf einem Marktplatz, der umgeben ist von Straßen.

In der nächsten Zeit sollen erst einmal keine Spielplätze geschlossen werden, so Simone Winkelhog vom Presseamt der Stadt Köln. „Wir tun unser Möglichstes, um die Plätze zu erhalten, aber natürlich sind wir froh über jeden Euro, den die Stadt nicht selber ausgeben muss.“

Die Stadt profitiert

Deshalb gibt es seit mehreren Jahren das Modell der Spielplatzpaten. Eltern, Initiativen, Einzelpersonen, Jugendgruppen oder Parteien erklären sich bereit, sich um einem Platz zu kümmern. Von den 600 öffentlichen Spielplätzen hat bereits ein Drittel einen oder mehrere Paten. Diese sollen Schäden und Verunreinigungen der Stadt melden, bei Konflikten vermitteln und „das Interesse haben, auch mal mit Kindern und Erwachsenen eine Reinigungsaktion durchzuführen“.

Verpflichtungen, auch finanzieller Art, gebe es nicht, so Bernd Schulz. Es sei ein reines Ehrenamt, von dem die Stadt sowie die Paten profitierten. Die Stadt habe einen schnelleren Überblick über defekte Geräte, und aufgrund der schlichtenden Rolle der Erwachsenen gebe es weniger Konflikte auf den Spielplätzen. Und für die Paten werde alles getan, um sie bei der Wahl von Spielgeräten zu unterstützen, die in den meisten Fällen nicht die Stadt finanziert, sondern die Paten und Sponsoren. Die Geld- und Sachspenden für Spielplätze im letzten Jahr lagen bei fast 150.000 Euro.

„Es ist wichtig, dass sich Leute engagieren“, sagte Monika Schauerte nach der Ehrung der Paten. „Aber irgendwie erwartet man doch mehr Engagement von Seiten der Stadt.“ Sie selbst hat bereits das nächste Projekt im Auge: Das Jugendzentrum im Ort soll geschlossen werden.