Chronik eines „verlorenen Jahrzehnts“

Eine wissenschaftliche Studie fordert einmal mehr die ökologische Selbstbegrenzung der Marktwirtschaft ein

13 Jahre ist es her, da erschien die Studie „Zukunftsfähiges Deutschland in einer globalisierten Welt“ in ihrer ersten Auflage. SPD-Bürgermeister Henning Scherf gelobte seinerzeit, unter anderem, die Agenda 21 nun auch in Bremen umzusetzen. Doch dieser Prozess, bilanziert das Bremer entwicklungspolitische Netzwerk, ist „kläglich gescheitert“, in diesem Falle am Widerstand innerhalb der großen Koalition. „Es war ein verlorenes Jahrzehnt“.

Einer der Autoren der Studie war der Grüne Reinhard Loske, damals noch am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie tätig. Die soeben erschienene Neuauflage hat er noch nicht gelesen. 600 Seiten ist die dick, „der Trend zu Miniaturisierung hat dieses Buch also noch nicht erfasst“, sagt der heutige Umweltsenator, der immer noch im Wissenschaftlichen Beirat des Institutes sitzt. Doch die Hauptbotschaft, sagt Loske, habe sich „nicht wesentlich“ geändert: „Weniger nehmen ist seliger denn mehr geben.“

Wolfgang Sachs, Projektleiter der Untersuchung, nennt es „lebensdienliche Marktwirtschaft“ und fordert eine „Selbstbegrenzung“ ein: Man müsse die „naturzerstörerischen Eigenheiten“ des Kapitalismus eindämmen und sich zugleich auf „mittlere Leistungserwartungen“ einstellen. Dabei will er die Staaten über ihre eigenen Grenzen hinaus in die Pflicht nehmen. Und der Politik „die Priorität über den Markt“ einräumen, durch strenge Vorschriften – etwa für Kühlschränke – ebenso wie für staatliches Konsumverhalten.

Anders als die Vorgängerausgabe rückt die aktuelle Studie die „soziale Frage“ stärker in den Mittelpunkt: Danuta Sacher von Brot für die Welt – einer der Auftraggeber – fordert „Kostenwahrheit“ für alle Produkte ein, eine „ökofaire“ Qualifizierung derselben jenseits aller streng betriebswirtschaftlicher Betrachtungsweisen.

Loske lobte unterdessen Bremen als „Stadt des Handelns“, als Ort, an dem die Auswirkungen des Klimawandels auf den Nordwesten wissenschaftlich untersucht würden, als „Stadt des Fahrrads“ und der „Innovation“ des Car-Sharing. mnz