Kriegsbeil Schulpolitik begraben

SPD, CDU, Grüne und FDP einigten sich auf einen schulpolitischen Kompromiss, der zehn Jahre gelten soll. Die Linke macht nicht mit: Ihr fehlt die Verpflichtung auf Integration und auf mehr Geld

Von KLAUS WOLSCHNER

Das „Kriegsbeil ist begraben“, freute sich der CDU-Landesvorsitzende Thomas Röwekamp – er hatte vor Monaten den Vorschlag gemacht, zwischen rot-grüner Regierungskoalition und Opposition einen Konsens in der Bildungspolitik zu suchen, der über die nächsten Wahlen hinaus träge. Zehn Jahre soll das gelten, was gestern verabredet wurde. Kernpunkt: Es wird in Bremen nicht die „Schule für alle“ geben, denn neben der „Oberschule“ sollen die bestehenden acht Gymnasien „mit kaweihren Schülerkapazitäten“ erhalten bleiben.

Alle anderen Schulformen sollen bis 2011 in „Oberschulen“ integriert, umgewandelt oder umbenannt werden. Das sind Schulen, die von der vierten Klasse bis zum Abitur führen und alle Abschlüsse anbieten. Die Oberschulen sollen „eigenständig“ ein Differenzierungskonzept vorlegen. Im ersten Durchgang wollen SPD und CDU gemeinsam diese Konzepte besprechen und sich darauf verständigen, was genehmigt werden soll – das bedeutet im Klartext, dass die Gesamtschulen weiter ihre „integrierten“ Klassen behalten dürfen und wenn ein Schulzentrum begründet, warum es lieber die Trennung in „Sekundarklassen“ und „Gymnasialklassen“ behält, wird das auch möglich sein. Die Schulen sollen dabei „auf dem Weg zu mehr Eigenständigkeit unterstützt werden“, so der Konsens der vier Parteien.

Auch das umstrittene Thema „Abschulverbot“ ist entschärft: Wenn es mehr Anmeldungen an die durchgehenden Gymnasien gibt als Plätze, dann sollen zunächst die Schülerinnen aufgenommen werden, die nach bundesweiten Standards überdurchschnittlich gute Leistungen in Deutsch und Mathe haben. „Wir werden eine homogenere Schülerschaft in den Gymnasien haben“, prognostiziert Röwekamp – und konnte daher der Klausel zustimmen, nach der ein „Verlassen einer Schulart“ nicht gegen den Elternwillen zulässig sein soll.

Da die Schülerzahlen in den kommenden zehn Jahren um 20 Prozent zurückgehen werden, bedeutet dieser schulpolitische Kompromiss eine langsame Ausweitung des möglichen Potentials der durchgehenden Gymnasien. Allerdings sollen die Oberschulen auch gleichwertige Gymnasial-Angebote und „zwei Wege zum Abitur nach 12 und 13 Jahren anbieten“. Ob eine Oberschule das Abitur nach 12 Jahren anbieten will, ist dabei offen. Bisher ist der Trend eher umgekehrt – durchgängige Gymnasien wie das in Vegesack wollten zurück auf die längere Schulzeit – 13 Jahre – gehen, was die Bildungsbehörde nicht erlauben will. Ob eine Oberschule ein Konzept entwirft, das neben dem Curriculum für das Abitur nach 13 Jahren auch ein Schnellläufer-Curriculum vorsieht, ist bisher noch völlig offen.

Für die Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD) war die gestrige Einigung so „fast wie Weihnachten“, betonte sie, mehr als ein Jahr lang hat sie nach beiden Seiten für diesen Kompromiss gestritten. Nun muss sie nur noch das erforderliche Geld bei den Haushaltsberatungen einwerben. Die Senatsklausur Anfang der Woche blieb unter anderem wegen ihren Forderungen für die Haushalte 2010 / 2011 ohne Ergebnis.

Die Vertreter der Linkspartei waren bei den Konsensgesprächen dabei, sind gestern aber ausgestiegen. „Der Reformkompromiss ist gescheitert“, erklärt Christoph Spehr, Landessprecher der Linken. Denn es gebe keine Zusage, dass die finanzielle Ausstattung „deutlich verbessert“ wird. Die Linke hatte zudem gefordert, dass in den künftigen Oberschulen nur „integrativ unterrichtet“ wird, also nicht mehr – wie in den Schulzentren – Gymnasial- und Sekundarklassen bestehen und damit eine Trennung in Leistungsniveaus.