Die Rente ist unsicher

Regierung bemüht sich, Diskussion über Rentenkürzung zu beenden. Finanzminister Eichel und Grünen-Fraktionschefin waren vorgeprescht

BERLIN taz ■ Das Timing hätte schlechter nicht sein können. Kurz vor dem SPD-Sonderparteitag zur Sozialabbau-Agenda hat sich die rot-grüne Koalition auch noch eine Rentendiskussion eingehandelt – ausgelöst durch zwei Interviews, die Finanzminister Hans Eichel (SPD) und Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt am Himmelfahrtstag gegeben hatten. Eichel brachte Kürzungen beim staatlichen Renten-Zuschuss ins Gespräch, Göring-Eckardt Kürzungen bei den Rentenauszahlungen im Jahr 2004.

„Rot-Grün zerstört Vertrauen in die Rente“, hieß es sogleich vom Arbeitnehmerflügel der Union. Auch die Sozialverbände schlugen Alarm: Rentenkürzungen? „Unzumutbar!“

Für die Regierungs- und Ministeriumssprecher gab es gestern reichlich zu tun. Ihr Auftrag lautete ganz offensichtlich: Beruhigen, beschwichtigen und Diskussion schnellstmöglich stoppen. Beruhigungsversuch 1: Kanzlersprecher Thomas Steg verweist auf den Kalender. „Es stehen aktuell keine Entscheidungen an.“ Beruhigungsversuch 2: Eichel-Sprecher Jörg Müller bestreitet das Unbestreitbare. Eine Rentendiskussion machen „keinen Sinn“ und „sie wird nicht geführt“. Nur dumm, dass Minister Eichel gerade mehrmals beim Führen einer Rentendiskussion erwischt wurde. Sein Thema: die Überweisungen des Staates an die gesetzliche Rentenversicherung. Sie werden ihm zu teuer. „Der Bundeszuschuss ist in den letzten Jahren mit einer Dynamik gewachsen, das kann so nicht weitergehen“, sagte Eichel der SZ. Das ZDF meldete gestern, Eichel wolle den Zuschuss im kommenden Jahr um bis zu 8 Milliarden Euro kürzen.

Beruhigungsversuch 3: Die Sprecherin von Sozialministerin Ulla Schmidt (SPD) hält sich vornehm zurück. Die grüne Forderung nach einer Nullrunde für die Rentner im Jahr 2004 sei „eine persönliche Äußerung von Frau Göring-Eckardt“. Was Frau Schmidt davon halte? Kein Kommentar. An dieser Stelle kommt ihr Kanzlersprecher Steg zu Hilfe, der Mann mit dem Kalender. Es sei zu viel verlangt, heute schon Aussagen zu verlangen, ob die Rentner im kommenden Jahr mit weiteren Einbußen rechnen müssen. Die Entscheidung darüber stehe erst im Herbst an, und: „Man müsste Prophet sein, zu sagen, wie die ausfällt.“ Wirklich beruhigen wird das niemand.

Wie man unangenehme Nachrichten elegant verkauft, machte die grüne Finanzexpertin im Bundestag, Christine Scheel, vor. „Es geht nicht um Kürzungen“, sagte Scheel der taz. „Es geht darum, dass man die Rentenanpassung verschiebt.“ LUKAS WALLRAFF