„Zweifelhafte Geschäfte“

Der SPD-Kandidat für das Wirtschaftsressort in der Kritik: In der Bremerhavener Fischwirtschaft hat der Unternehmer Ulrich Nußbaum einen denkbar schlechten Ruf – wegen „zweifelhafter Verfahren hinter unserem Rücken“

taz ■ Neuer Bremer Wirtschaftssenator soll der Bremerhavener Unternehmer Ulrich Nußbaum werden – zumindest, wenn es nach der SPD geht. Der Bremerhavener Unterbezirksparteitag hatte den Parteilosen auf Vorschlag von Oberbürgermeister Jörg Schulz (SPD) nominiert. Die Bremer SPD, so ist zu hören, will den Seestadt-Vorschlag des Regionalproporzes wegen mittragen. Über die senatorischen Qualitäten des Bremerhaven-Manns allerdings streiten sich die Geister.

Den Seestadt-Sozis versprach Nußbaum bei seiner Nominierung, „die Interessen Bremerhavens im Senat“ zu vertreten. Was er von Wirtschaftspolitik versteht und wie er sie versteht, dass wollten die Delegierten von ihm nicht wissen.

Still waren auf dem Unterbezirksparteitag auch die Gewerkschafter. Man habe mit dem Fisch-Unternehmer Nußbaum wenig zu tun gehabt, heißt es bei der Gewerkschaft Nahrung, Gaststätten und Genuss (NGG). Die Nußbaum-Firma Flamingo Fish hatte trotz 120 Beschäftigten keinen Betriebsrat, die Abwicklung der Firma – sie entließ ihre Bremerhavener Mitarbeiter und verlegte ihren Sitz nach Zypern – verlief einigermaßen geräuschlos. Die Partner Nußbaum und Düring, sagen ehemalige Mitarbeiter, seien „aalglatte Geschäftsleute“. Heute managt die Firma Sea Life Harvesting von Nußbaum und Düring mit einer Handvoll Mitarbeitern weltweite Fischgeschäfte.

Ist Nußbaum der geeignete Wirtschaftssenator? „Das ist eine Frage, die man sich hier auch immer stellt“, heißt es in der Bremerhavener Fischwirtschaft zweifelnd. Und dann kommt die Geschichte mit dem Grundstück: Zu der alten Nußbaum-Firma Flamingo Fish gehört ein Grundstück mit Hallen im Fischereihafen. Dafür hatte Nußbaum vor Jahren erhebliche Subventionen des Landes erhalten. Seit Jahren stehen die Hallen leer, Nußbaum wird sie nicht los. Schon vor zwei Jahren versuchte er sie an die Stadt Bremerhaven zu verkaufen, doch die CDU blockierte damals. Im Frühjahr 2003 wollte dann das Bremer Wirtschaftsressort das Grundstück kaufen. Im Gegenzug, so der Deal mit Senator Josef Hattig (CDU), sollte Nußbaum Beteiligungen des Landes an der Bremerhavener Fischfang-Firma „Ocean Food“ erhalten. „Das wäre ein lukratives Geschäft gewesen“, schimpft der geschäftsführende Gesellschafter der Ocean Food, Klaus Hartmann: Die Schiffe der Ocean Food fahren Gewinne ein und die alte Halle war auf dem freien Markt unverkäuflich.

Allein: Die anderen Gesellschafter der Ocean Food – Nußbaum hält derzeit nur 8 Prozent – wussten nichts davon, dass sich ihr Partner hinter ihrem Rücken zum Mehrheitsgesellschafter aufschwingen wollte.

Als der Deal im Februar aufflog, war die Empörung groß. Bei Wirtschaftssenator trudelten geharnischte Protest-Briefe ein, man drohte, die Subventionsgeschichte der Nußbaum-Hallen aufzurollen. „Sehr geehrter Herr Senator, Sie als ein Mann der Wirtschaft werden uns verstehen: Wir wollen unser Geschäft selber machen und schon gar nicht Leidtragender zweifelhafter Verfahren hinter unserem Rücken sein“, formulierte Hartmann an Hattig. Ein bis zwei Wochen herrschte Funkstille im Ressort – „dann sind die zurückgerudert“, sagt Hartmann. Möglicherweise hatten Nußbaum und Co. auch gegenüber Hattig nicht offen gesagt, dass sie die Ocean-Food-Anteile hinter dem Rücken ihrer Gesellschafter-Kollegen übernehmen wollten. Das Land werde seine Anteile an der Ocean Food nicht ohne die Zustimmung der anderen Gesellschafter an Nußbaum verkaufen, versicherte Hattig.

Was der Unternehmer Nußbaum genau vorhatte, weiß Hartmann, der 25 Jahre zur See gefahren ist, bis heute nicht. Nur: „Wir als Fischereileute machen die Arbeit“ – und daran wollte offensichtlich ein anderer verdienen.

kawe