Das Beste beider Welten

Roy Hargrove war der Trompeter der 90er. Mit seinem Projekt „The RH Factor“ verbindet er den Humor und die Samplestrategien des HipHop mit der Offenheit und dem Intellekt des Jazz. Fast fühlt man sich an Miles Davis erinnert

Ein Kreis schließt sich: mit seinem aktuellen Projekt The RH Factor dockt der New Yorker Startrompeter Roy Hargrove dort an, wo er als texanischer Teenager einst begann. Bei George Clintons P-Funk und den Soul des Südens nämlich, der Musik, die ihn in den 80ern zum Instrument greifen ließ.

Denn wenngleich man dies dem Jazz, den Hargrove im Laufe der 90er Jahre spielte und der ihn zu dem Trompeter des Jahrzehnts werden ließ, kaum anhörte – der Funk war immer mit ihm. So ist Hargroves Rekurs auf seine Wurzeln eben mitnichten einem Ennui am Modern Jazz-Diskurs oder gar marktstrategischen Überlegungen geschuldet. Nein, es ist vielmehr eine logische, ja ganz natürliche Entwicklung im Schaffen des spielfreudigen und musikversessenen 33-Jährigen.

Wer ihn, das einstmalige Bop-Wunderkind, nur als Gralshüter des Hi-End-US-Jazz wahrnehmen will, übersieht geflissentlich, was Hargrove nun einmal ist: ein Funkateer von ganzem Herzen. So bewahrheitet sich mit seinem HipHop-Jazz-Neo-Soul-Projekt The RH Factor einmal mehr, was bereits Hargroves Lehrer zu berichten wussten, als der Jungspund noch Akkordfolgen und Tonleitern lernen musste: „Er macht alles richtig.“

Mit welcher Beredtheit er bei The RH Factor vorgeht, ist dann aber doch verblüffend. Der musikalische Fundus, aus dem Hargrove sich bedient, scheint unbegrenzt, er verbindet den Humor und die Samplestrategien des HipHop mit der Offenheit und dem Intellekt des Jazz. Am Ende klingt das dann nach verdammt dickem und elektrischem – Jazz. Fast erkennt man in Hargrove dabei einen Widergänger des späten Miles Davis. Doch das wäre zu kurz gedacht, war dieser doch pre-HipHop. Hargrove indes ist im Hier und Jetzt. The RH Factor – best of both worlds.

Gerd Bauder

Heute, 21 Uhr, Fabrik