Bewegung im Fall Murat K.

Der Anwalt des auf Guantanamo festgehaltenen Bremer Türken Murat K. klagt jetzt vorm Obersten Gericht: Das soll endlich eine Entscheidung darüber bringen, ob US-Gerichte für die inhaftierten Ausländer zuständig sind

bremen taz ■ In den Fall des auf Guantanamo festgehaltenen Bremer Türken Murat K. kommt jetzt offensichtlich Bewegung. Zu Wochenbeginn haben die amerikanischen Anwälte des seit über zwei Jahren auf dem US-Luftwaffenstützpunkt internierten 21-Jährigen Klage beim amerikanischen Obersten Gerichtshof eingereicht. Sie wollen damit erreichen, dass der Supreme Court endlich klärt, ob amerikanische Gerichte dafür zuständig sind, die Rechtmäßigkeit der Internierung von Ausländern auf dem Stützpunkt zu prüfen.

Dass die Klage für Murat K. unter Umgehung des Instanzenweges direkt beim Obersten Gericht eingereicht wurde, nannte dessen Bremer Anwalt Bernhard Docke gestern „einen ungewöhnlichen, aber gangbaren Weg“. Dieser Schritt solle garantieren, dass es überhaupt zu einer Entscheidung des Supreme Court komme. Denn nach Dockes Angaben bemüht sich die beklagte US-Regierung, namentlich das Verteidigungsministerium derzeit darum, anstehenden Verfahren die Grundlage zu entziehen. So sei eine Entscheidung des Gerichts in zwei Fällen hinfällig geworden, weil zwei von vier Klägern im März überraschend entlassen wurden. Die beiden anderen Männer sollen noch vor dem offiziellen Verhandlungstermin am 20. April vor einer Militärkommission angeklagt werden. Auch in einem weiteren Verfahren zeichne sich die außergerichtliche Beilegung an.

Mit der Direktklage „wollen wir eine Entscheidungsgrundlage für den Supreme Court sicher stellen“, erklärte Docke. Ein Urteil erwartet er Ende Juni. Nach einem positiven Ausgang kann die Klärung der Rechtsgrundlage für Murat K.s Internierung allerdings noch länger dauern. In seinem, wie in rund 500 weiteren Fällen würde dann die Beweislage individuell von Gerichten überprüft.

Anwalt Docke vertritt den als „Bremer Taliban“ bekannten Murat K. seit gut zwei Jahren. Der Auszubildende war zuvor unter bislang ungeklärten Umständen von US-Kräften festgenommen und nach Guantanamo deportiert worden. Nach Angaben seiner Mutter hatte der gläubige Muslim während des Afghanistankrieges eine Koranschule in Pakistan besuchen wollen. Die Familie hat zuletzt vor zwei Jahren ein Lebenszeichen vom Sohn erhalten. Inzwischen freigelassene Briten haben ihn jedoch im Gefangenenlager gesehen. Diese Männer hatten dem Bremer Anwalt bei einer Guantanamo-Konferenz vergangene Woche in England auch berichtet, dass die Amerikaner ausgehende Post nach Belieben zurückhalten.

Die Eltern von Murat K. erlebten unterdessen vergangene Woche bange Stunden: Ihre Hoffnung, dass es sich bei einem am Freitag aus US-Gewalt freigelassenen Türken um ihren Sohn handeln könnte, wurde am Samstag enttäuscht. ede