Laptops dürfen sie behalten

Mindestens 127 Kunststudenten droht der Besuch des Gerichtsvollziehers, weil sie Studiengebühren boykottierten. Haben sie nichts Pfändbares, bekommen sie einen Eintrag im Schuldnerverzeichnis

In Sachen Studiengebühren erweist sich die Hochschule für Bildende Künste (HfBK) als wehrhaftes gallisches Dorf. Weil sie das schwarz-grüne Gebührenmodell ablehnen, haben 127 der 573 gebührenpflichtigen Studenten die zum Wintersemester fälligen 375 Euro nicht bezahlt und Widerspruch eingelegt. Eine noch unbestimmte Zahl von Kommilitonen hat gar nichts gemacht, so dass der HfbK-Asta von rund 200 Boykotteuren spricht.

Im Unterschied zu früheren Boykott-Semestern droht diesmal nicht zwangsläufig eine Massenexmatrikulation. Schwarz-Grün weichte den Paragrafen zur Kann-Bestimmung auf. HfbK-Chef Martin Köttering und sein Präsidium nutzten das aus und entschieden, dass niemand exmatrikuliert wird. „Wir sehen die Verhältnismäßigkeit nicht“, sagte Köttering. Aber es gibt ein neues Druckmittel. Die HfbK wird die Gebühren-Ansprüche an die Kasse der Finanzbehörde übertragen – sprich, an den Gerichtsvollzieher.

Die Studierenden reagierten entsetzt. „Es wird immer klarer, dass das Präsidium mit dem Konflikt nicht umgehen kann und abdanken muss“, sagte eine Sprecherin der Boykotteure. „Das ist der richtige Weg, wenn wir Gerechtigkeit walten lassen wollen“, hält Timo Friedrichs, Sprecher der Wissenschaftsbehörde, dagegen. Auch Mark Nerlinger, Anwalt der Boykotteure, räumt ein: „Die HfbK könnte auch gar nichts tun. Aber dann könnte die Wissenschaftsbehörde sie anweisen, so zu handeln.“ Also liegt das Heft des Handelns jetzt bei der „Kasse Hamburg“, einer Abteilung der Finanzbehörde.

„Der Weg ist einfach“, erklärt Frank Müller vom dortigen „Forderungsmanagment“. „Wenn die Hochschule einen rechtskräftigen Bescheid hat, wird sie uns mit der Vollstreckung beauftragen.“ Zunächst würde der Studierende gemahnt, zu zahlen. Geschehe dies nicht und sei eine Bankverbindung bekannt, werde das Geld vom Konto gepfändet. Sonst werde ein Vollstreckungsbeamter zur Wohnung des Schuldners geschickt und würde eine Sachpfändung durchführen. „Flachbildschirme oder Autos kommen in Frage“, sagt Müller. „Ein Laptop weniger, weil der fürs Studium nötig ist.“ Alles was zur Lebensführung notwendig ist, darf nicht gepfändet werden.

Im Fall einer „fruchtlosen Pfändung“, schreibe der Beamte ein Protokoll. Müller: „Wir würden den Hochschulen dann empfehlen, den Studierenden eine eidesstattliche Versicherung abnehmen zu lassen.“ Diese werde dann für drei Jahre im Schuldnerverzeichnis bekannt gemacht. „Ich würde jedem empfehlen, dies zu vermeiden“, sagt Müller, „weil es die Kreditwürdigkeit in Frage stellt.“

Die Möglichkeit, von den Künstlern ein Bild in Pfändung zu nehmen, sieht der Experte nicht: „Unsere Vollzugsbeamte können viel, aber nicht den Wert zeitgenössischer Kunst feststellen.“ KAIJA KUTTER