berliner szenen Im Proberaum

Nachwuchs-Spotting

Der Proberaum und das Fitnessstudio haben ja so manches gemeinsam: Man zahlt Monat für Monat und geht doch nie hin, obwohl es einem gut tun würde. Das Proben an sich macht wenig Spaß: Stundenlang steht man in schimmligen, kalten, stinkenden Kellern rum. Man teilt sich den Raum mit anderen – und irgendeine Arschlochband ist immer dabei, die, ohne zu fragen, das Equipment mitbenutzt. Ständig fehlt was, ist was kaputt, und keiner will’s gewesen sein. Das Schönste am Proben ist eigentlich das Getränk hinterher.

Seit einiger Zeit haben wir keinen eigenen Raum mehr und treffen uns in den Friedrichshainer „Noisy rooms“ – ein helles, warmes und trockenes Kellergeschoss mit voll ausgestatteten Proberäumen, die man für wenig Geld stundenweise mieten kann. Eine Erfindung, für die einen Musiker aus anderen Städten beneiden: Man spart Geld und Ärger und kriegt sogar mit, was beim Nachwuchs so los ist, in den Gängen herrscht ein ständiges Kommen und Gehen. Meistens sind es Typen in dunkelbraunen Schnürlederhosen, mit Bierflasche und Gitarrenkoffer in den Pranken. Die räudige Männerband stirbt wohl niemals aus. Weil jede Schallisolierung ihre Grenzen hat, hört man, was die anderen proben, meist eher langweiliges Gedudel – just wenn man denkt, „das ist ja gar nicht schlecht“, erkennt man die Melodie von „All along the watchtower“ oder „Smells like teen spirit“.

Die Musiker mit turko-arabischem Migrationshintergrund bringen ein wenig Farbe in den grauen Alltag: Die Mizmar – unter den Top Ten der nervigsten Musikinstrumente liegt sie ganz weit vorn – sorgt mit ihrem schrillen Klang und den arabesken Melodien für ein wenig Abwechslung im tristen Rockkeller.CHRISTIANE RÖSINGER