Die stillen Erfolge der Meister an der Platte

Der deutsche Tischtennisvizemeister 3B Berlin zieht nach dem Sieg über TT Castel Goffredo ins Halbfinale der europäischen Königsklasse. Ein Wermutstropfen: Kaum ein Zuschauer will die Spiele der erfolgreichen Frauen sehen

Zumindest eines hat Tischtennis mit seinen populären Ballverwandten Fußball und Handball gemeinsam. Hier dürfen Mannschaften an der Champions League teilnehmen, die nicht Meister geworden sind. Doch während im Fußball Hertha BSC und im Handball die Füchse nur vom internationalen Parkett träumen dürfen, ist sie im Tischtennis längst Realität.

Der deutsche Vizemeister 3B Berlin mischt in dieser Saison zum ersten Mal in der Königsklasse mit. Und das gleich mit großem Erfolg. Nach dem 3:1-Erfolg am Freitagabend im letzten Gruppenspiel gegen den italienischen Titelträger TT Castel Goffredo – einer kleinen Gemeinde bei Mantua – stehen die Berlinerinnen überraschend im Halbfinale. Trotzdem fand der Halbfinaleinzug von 3B fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Nur gut 100 Zuschauer verloren sich in der Anton-Saefkow-Halle in Lichtenberg.

Manager Christian Nohl kann es nicht verstehen, warum einer der erfolgreichsten Berliner Vereine in der Öffentlichkeit so wenig wahrgenommen wird. „Mehr als sportlichen Erfolg, können wir nicht bieten“, sagt der 28-Jährige. Die Sportlerinnen müssen wohl mit dem Handicap leben, dass die Randsportart Tischtennis in Deutschland fast nur in der Provinz stattfindet. Kroppach, Busenbach oder Tostedt sagen sogar dem geübten Geografen nur wenig. Das sind alles Spitzenklubs. Berlin fällt da als Standort etwas aus der Reihe.

Tischtennis hat aber auch hier eine große Tradition. Zu DDR-Zeiten sammelte 3B noch unter dem skurrilen Namen BSG Außenhandel und später als TSC Berlin fleißig Titel. 37-mal wurde man DDR-Meister. Zweimal gewann man sogar den Landesmeistercup. Auch unter dem neuen Namen nach der Wende ging die Erfolgsgeschichte weiter. Dreimal konnte der Ettu-Pokal – der dem Uefa-Cup entspricht – gewonnen werden.

Doch der größte Erfolg in der Vereinsgeschichte ist jetzt der Halbfinaleinzug. Ende Januar wird man auf die Österreicherinnen von Linz AG Froschberg treffen. „Wir sind zwar Außenseiter, aber nicht chancenlos“, hofft Nohl. Dort werden sie, wie auch beim niederländischen Cupverteidiger MfS Heerlen, fast ausschließlich auf Akteurinnen aus dem Mutterland des Tischtennissports treffen, Chinesinnen.

Bei 3B verfolgt man eine andere Philosophie. „Wir brauchen eine Identifikation“, sagt Nohl. Identifikation heißt im Tischtennis, dass auch europäische Spielerinnen mitwirken dürfen. Bei 3B ist es vor allem die deutsche Meisterin Tanja Hain-Hofmann. Die 28-jährige fungiert nebenbei auch noch als Trainerin. Außerdem steht noch mit Georgina Pota ein hoffnungsvolles ungarisches Talent im Kader. Die 23-Jährige ist die einzige, die bei Olympia in Peking dabei war. Aber ganz ohne chinesische Fachkräfte geht es heutzutage nicht mehr. 3Bs Topspielerin ist die Hongkong-Chinesin Song Ah Sim. Sie ist die Punktesammlerin im Team. Auch gegen die Italienerinnen machte sie mit zwei Punkten den Unterschied aus. Angst, dass sie von der finanzkräftigeren Konkurrenz abgeworben wird, haben sie bei 3B aber nicht. „Sim ist bei uns vernünftig integriert und hat ein rundherum Wohlfühlpaket. Das wissen die Spielerinnen zu schätzen“, sagt Präsident Gert Walter.

Trotzdem herrscht derzeit bei 3B nicht nur Eitel Sonnenschein. Obwohl es international sensationell gut läuft, gibt die Platzierung in der Bundesligatabelle einigen Grund zur Sorge. Nur Platz sieben belegen die Berliner nach der Hinrunde. „Richtig erklären, können wir uns das nicht“, sagt Nohl. Viele knappe Spiele gingen verloren. „Wer weiß, wo wir stehen würden, wenn wir diese gewonnen hätten“, spekuliert Nohl. Spielertrainerin Tanja Hain-Hofman hat dafür ein einfaches Rezept: „Ich schaue mir die Tabelle nicht an.“ Keine Frage, die Konkurrenz in der Provinz hat aufgerüstet und die Bundesliga ist enger geworden. Doch das Bild der Tabelle täuscht ein wenig. Zum zweiten Tabellenplatz sind es nur vier Punkte.

Bei 3B verfolgt man ohnehin langfristige Ziele. Finanziell hat der Verein keine Probleme. In zwei bis drei Jahren will man endlich einmal die Meisterschaft gewinnen. Diese Saison wird das vermutlich aber nicht mehr gelingen. Nach Möglichkeit soll aber erneut die Champions League erreicht werden. „Dort haben wir ja gerade Fuß gefasst“, sagt Nohl. NICOLAS SOWA