Lautes Stöhnen über Sexsteuer

Das Eintreiben der Abgabe auf „sexuelle Dienstleistungen“ stößt auf Widerstand. Bordellbetreiber und Vermieter bezeichnen Steuerbescheide als „Wegelagerei“. Die Stadt Köln verschärft die Kontrolle

Von Frank Überall

Die neue Vergnügungssteuer bereitet der Kölner Stadtverwaltung nach wie vor kein Vergnügen. Das Eintreiben der Abgabe auf „sexuelle Dienstleistungen“ stellt die Experten des Kassen- und Steueramtes der Stadt vor große Probleme. Amtsleiter Josef Rainer Frantzen bestätigte auf Anfrage der taz, dass bisher erst neun Steuerbescheide gegen die Betreiber von Clubs und Vermieter von Appartements ergangen seien: „Aber es werden fast täglich mehr.“ Unterdessen hat ein Kölner Bordellbetreiber angekündigt, die Stadt verklagen zu wollen.

Die Stadt will 150 Euro pro Monat für jede Frau haben, die dem Gewerbe nachgeht. Die Vermieter der jeweiligen Einrichtungen werden dafür zur Kasse gebeten. Einer von ihnen ist Bernd Rosenthal, der sich in einem Beschwerde-Brief an alle Mitglieder des Kölner Stadtrates gewandt hat. Er könne die Steuer nicht zahlen, weil sie „unabhängig von der tatsächlichen zeitlichen Inanspruchnahme“ angesetzt und damit viel zu hoch sei. „Meine Einkünfte aus der Vermietung sind bescheiden. Aufgrund dieser Maßnahme befindet sich meine dreiköpfige Familie in absoluter finanzieller Notlage“, schreibt Rosenthal.

„Gestatten Sie mir den Ausdruck der Wegelagerei“, beschwert sich der Vermieter über das Vorgehen der Stadt. Im übrigen sei das Milieu besser als sein Ruf. „Welches der Ratsmitglieder kennt sich in der Materie so gut aus, dass er oder sie sich ein Urteil über die vielfältigen Probleme dieser Branche erlauben kann, um diesen Beschluss verantworten zu können?“ fragt sich Rosenthal. Leider besitze dieser Geschäftszweig keine so einflussreiche Lobby wie zum Beispiel die Gastronomie.

Immerhin existiere das Brauchtum der Bordelle länger als der Karneval, argumentiert Rosenthal: „Gäbe es die Damen nicht, so könnte sich wohl kaum eine Frau im Dunkeln ohne die Gefahr sexueller Übergriffe frei bewegen.“ Mit diesen Aussagen widerspricht er klar den führenden Politikern der schwarz-grünen Rathaus-Koalition, die einen Verdrängungseffekt durch die Sex-Steuer bei der Vorstellung des Konzepts ausdrücklich lobten.

„Huren sind doch die Abladestelle psychologischer und sexueller Abweichungen“, meint Rosenthal. „Wir sollten ihnen dankbar für ihre Rolle in der Gesellschaft sein.“ Mit harschen Worten appelliert er an die Einsicht der Ratsmitglieder. „Fragen Sie doch einmal Ihren eigenen Partner, ob er sich für die Allgemeinheit hinlegen möchte.“ Er habe einen Anwalt beauftragt, Widerspruch gegen den Sexsteuer-Bescheid einzulegen. Wenn der abgelehnt werde, wolle er „alle Instanzen bis zum Bundesverwaltungsgericht“ ausnutzen, um die finanzielle Zusatzbelastung abzuwehren.

Die Stadt Köln macht trotz der Beschwerden weiter mobil. In den nächsten Tagen sollen sogar noch zwei Kontrolleure zusätzlich eingestellt werden, die dann nach privaten Bordellen suchen, um sie zu besteuern. Außerdem wurden die Computer im Kassen- und Steueramt für Erotik-Seiten im Internet frei geschaltet. Aufgrund der „neuen Tatbestände“ im Vergnügungssteuer-Recht habe es dafür eine Sondergenehmigung gegeben. Denn aus Sicherheitsgründen dürfen auf den Rechnern städtischer Mitarbeiter solche Seiten sonst nicht angeklickt werden. „Bisher haben wir nur die einschlägigen Anzeigen in den Tageszeitungen durchforstet“, meint Amtsleiter Frantzen. „Jetzt werden wir auch die gewerblichen Damen im Internet finden.“