gottschalk sagt
: Umziehen und Tanzen verboten

CHRISTIAN GOTTSCHALK: Die Kolumne am Donnerstag

Von heute 18 Uhr bis Karsamstag 6 Uhr ist laut Feiertagsgesetz NRW so allerhand verboten, wie uns die Pressestelle der Stadt Köln vorsichtshalber schon mal mitgeteilt hat, damit wir nichts falsch machen: Briefmarkentauschbörsen, sportliche Veranstaltungen, alle Unterhaltungsveranstaltungen und das Tanzen. An Karfreitag sind außerdem Wohnungsumzüge verboten.

Ich habe ja nichts gegen Christen, und aus Rücksicht verzichte ich gerne einmal im Jahr aufs Briefmarkentauschen, meinen täglichen Marathonlauf und speziell Karfreitag aufs Schleppen von Bücherkartons in den vierten Stock. Irgendwie gefällt mir die Idee des „stillen Feiertags“, ebenso wie das feiertägliche Arbeitsverbot. Einfach mal keinen Finger rühren und guten Gewissens behaupten, man wolle seinen Nachbarn ja nicht in seiner Religionsausübung behindern. Einfach mal den Krawall, den wir Alltag nennen, unterbrechen, innehalten, zum Fenster raus oder Jesusfilme im Fernsehen gucken.

Man muss die Christen auch verstehen: Splatterjupp, wie wir das Jesuskind seit Mel Gibsons einfühlsamem Folterepos gerne nennen, hat ja am Karfreitag enorm für sie gelitten. Ruf nie den Römern zu „haut ab“, sie verstehen dann immer „Haut ab“, und wenn gerade kein gallischer Zaubertrank zur Hand ist, hat das sehr, sehr, schmerzhafte Folgen. Man muss schon Messias von Beruf sein, wenn nach drei Tagen alle Spuren der Misshandlung verheilt sein sollen, mit Ausnahme der Löcher in den Händen. Das war aber wichtig für den Verlauf der Geschichte. Wer will schon Abendbrot essen mit einem Zombie, dem die Haut in Fetzen vom Körper hängt.

Was ich aber bei den Katholiken nie verstehe: Sie stellen Regeln auf, aber man muss sich nicht unbedingt daran halten. Da meine ich jetzt gar nicht mal so große Sachen, wie „Du sollst nicht töten, es sei denn, Deine Regierung ist anderer Meinung“. Laut Tageskalender der StadtRevue finden heute und morgen durchaus verschiedene Veranstaltungen statt, die dem Zwecke dienen, dass der Mensch sich vergnüge. Was passiert, wenn es zu Tanzhandlungen kommt? Wird die Stadt sich gegen den vergnügungssüchtigen Pöbel durchsetzen? Wer ist zuständig? Verwaltungsgericht oder jüngstes Gericht? Kommen sie alle in die Hölle? Und ich bin dann der einzige Atheist im Himmel?