Kampf dem Stierkampf

Barcelona stimmt für eine Resolution zum Schutz von Kampfstieren. Die Tradition wird trotzdem weiterleben

In Spanien erhitzt das Thema Stierkampf wieder einmal die Gemüter – so ernst wie diesmal aber war es noch nie: Am Dienstag stimmte der Stadtrat von Barcelona ab über Spaniens ältesten Brauch, la corrida. Tierschutzorganisationen hatten 240.000 Unterschriften vorgelegt und beantragt, der Stadtrat möge einer Resolution zum Schutz der Kampfstiere zustimmen. Mit 21 zu 15 ging der Antrag bei 2 Enthaltungen durch. Ein Unikum in Spanien, wo der Stierkampf selbst im kleinsten Dorf der Mittelpunkt der alljährlichen Feste ist.

Die Nationalisten im Stadtrat stimmten ebenso wie das kommunistisch-grüne Wahlbündnis ICV für eine Ächtung der corrida. Die konservative Volkspartei verteidigte das Brauchtum und die Sozialisten von Bürgermeister Joan Clos hoben den Fraktionszwang auf, um einen Streit in den eigenen Reihen zu verhindern.

Der Schlagabtausch im Rathaus verlief hart. Während die einen von der „physischen und psychischen Sensibilität“ der Tiere redeten und zugleich versuchten, ihre katalanischen Traditionen von den grausamen der Spanier abzugrenzen, verteidigten die Befürworter den Stierkampf als „Tanz des Menschen mit dem Tier“. Auch sie argumentierten mit Imperialismus. Dieses Mal komme er aber nicht aus Madrid, sondern aus dem fernen Mittel- und Nordeuropa, wo „die germanischen und angelsächsischen Unterdrückerkulturen“ zu Hause seien, die ihrerseits „barbarische Spektakel wie den Boxkampf fördern“.

Beide Seiten zogen mit schwerer Literatur bewaffnet auf das Rednerpult. Die Stierkampfgegner zitierten alte Autoren von Lope de Vega bis hin zu Benavente, um das „brutale Fest“ zu verurteilen. Die Anhänger hingegen beriefen sich auf die Generation, die im Bürgerkrieg verfolgt wurde. Sie lasen aus Büchern von Fedérico García Lorca oder Miguel Hernández. Außerdem führten sie Maler wie Goya und Picasso, alles glühende Verfechter des anmutigen Tötungsrituals, ins Gefecht.

Der Vorsitzende des regionalen Stierkampfverbandes Juan Segura Palomares gibt sich jedoch gelassen. Denn der Beschluss des Stadtrates hat keinerlei rechtliche Wirkung. Stierkampf ist Ländersache. „Eine lebendige Tradition erledigt man nicht mit einer einfachen Mehrheit“, sagt er. „Wenn keiner mehr zu den Stierkämpfen geht, dann ist das das Ende des Festes.“ Doch davon ist Spanien weit entfernt. In der Monumental in Barcelona, einem eher drittklassigen Platz, füllen regelmäßig 17.000 Menschen die Ränge. Und bei den Stierkampfschulen gibt es Wartelisten. Berühmter Nachwuchs kommt auch aus Barcelona.REINER WANDLER